Jan Sebastian Friedrich-Rust und Dr. Helene Mutschler, Geschäftsführung von Aktion gegen den Hunger

Neue Doppelspitze bei Aktion gegen den Hunger

Ein Interview mit Dr. Helene Mutschler und Jan Sebastian Friedrich-Rust

Helene Mutschler verstärkt an der Seite von Jan Sebastian Friedrich-Rust die Geschäftsführung von Aktion gegen den Hunger. Wir haben die beiden zum Interview gebeten:  

Helene, herzlich willkommen bei Aktion gegen den Hunger! Du bringst sehr viel Erfahrung aus der humanitären Arbeit mit. Erzähl doch mal: Woher kommst du und was reizt dich an der neuen Herausforderung hier bei uns? 

(Helene) Ich bin NGOlerin und Fundraiserin. In den letzten sechs Jahren habe ich das Fundraising und Marketing der internationalen Kinderrechtsorganisation Save the Children verantwortet und davor das Fundraising der Welthungerhilfe in Bonn geleitet. Das Anliegen von Aktion gegen den Hunger ist mir also sehr vertraut und es ist mir eine Herzensangelegenheit. In den letzten Jahren haben die Klimakrise und die andauernden Kriege und Konflikte zu einem Backlash in der weltweiten Hungerbekämpfung geführt. Das hat mich einerseits frustriert und aber auch noch kämpferischer gemacht. Aktion gegen den Hunger tritt dem weltweiten Hunger nicht nur durch Hilfsprojekte vor Ort entgegen, sondern auch mit Aktivismus und politischer Kampagnenarbeit – spätestens seit der Zuspitzung der Klimakrise sehe ich immer mehr die Notwendigkeit für diesen ganzheitlichen Ansatz und möchte ihn bestmöglich unterstützen, indem ich die dringend benötigten Gelder dafür beschaffe. Deshalb bin ich hier. Ohne nachhaltige Projekte und strukturelle Veränderungen der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kommen wir nicht weiter. 

Jan, du hast Aktion gegen den Hunger 2014 gegründet – seitdem ist viel passiert. Warum wurde es jetzt Zeit für eine zweite Geschäftsführung? 

(Jan) Aktion gegen den Hunger ist in den Jahren stetig gewachsen. Mit aktuell rund 60 Mitarbeitenden in Deutschland haben wir im vergangenen Jahr fast 30 Millionen Euro an Zuwendungen und Spenden für unsere globale Arbeit erhalten. Mir persönlich war es wichtig, mich in Zukunft noch stärker auf die „Impact“-Ziele der Organisation fokussieren zu können: also unsere Programmarbeit sowie unsere politische Arbeit. Die Erweiterung der Geschäftsführung wird hierzu meines Erachtens einen wesentlichen Beitrag leisten. 

Bisher wurde Aktion gegen den Hunger von einem Mann geführt – mit Helene findet in der Unternehmensspitze nun ein Geschlechterausgleich statt. Ist das Zufall?  

(Jan) Es war uns von Beginn an sehr wichtig, dass die zweite Person in der Geschäftsführung eine Frau sein sollte. Selbstverständlich stand die fachliche Qualifikation an oberster Stelle. Doch ist es uns gleichzeitig auch sehr wichtig, unseren Anspruch an Geschlechtergerechtigkeit auch zu leben. Zudem wissen wir auch aus unseren Projekten, dass Frauen und Männer oft unterschiedliche Perspektiven mitbringen – um diese Perspektivenvielfalt zu berücksichtigen, brauchen wir Diversität in unseren Teams auf jeder Ebene.   

Kinder haben ein unverstelltes Gespür für Ungerechtigkeiten und nennen die Dinge beim Namen, das müssen Erwachsene sich öfters anhören, finde ich.   

Dr. Helene Mutschler
Dr. Helene Mutschler

Zusammenarbeit durch Aufgabenteilung

Wie werdet ihr euch die Aufgaben aufteilen? 

(Helene) Mein Team und ich werden uns insbesondere um die Mobilisierung von Ressourcen für die programmatische und politische Arbeit von Aktion gegen den Hunger kümmern, in dem wir noch mehr Menschen dafür gewinnen, die Projekte der Organisation finanziell und ideell zu unterstützen. Besonders freue ich mich auf das Format „Schulen gegen den Hunger“, das Schulkindern in Deutschland Themen aus dem Globalen Süden auf eine zugängliche Art vermittelt und sie bei ihrem sportlichen Engagement für eine Welt ohne Hunger unterstützt. Kinder haben ein unverstelltes Gespür für Ungerechtigkeiten und nennen die Dinge beim Namen, das müssen Erwachsene sich öfters anhören, finde ich. 

(Jan) Mein Fokus liegt in Zukunft auf unserer internationalen Programmarbeit, unserer politischen Arbeit (Advocacy und Kampagnen) sowie auf dem Human Rights Film Festival Berlin. Zudem werde ich den Bereich Human Ressources weiterhin federführend verantworten. 

Helene, Marketing & Fundraising sind deine Steckenpferde. Was ist daran für dich besonders spannend? 

(Helene) Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist vieles schlicht nicht möglich. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in der Pflicht sind, die Menschen im Globalen Süden dabei zu unterstützen, die Folgen unseres Lebenswandels aufzufangen und für globale Gerechtigkeit zu sorgen. Als Fundraiserin weiß ich aber auch, welcher Großzügigkeit, Solidarität und Warmherzigkeit man begegnet, wenn man die Geschichten der Menschen aus den Projektregionen mit Menschen in Deutschland teilt, und das mitzuerleben, macht mich auch persönlich immer wieder glücklich.  

Das gemeinsame Ziel: den Hunger beenden

Weltweite Pandemie, Klimakrise, Krieg – die Welt ist im permanenten Krisenmodus. Viele Geberländer richten den Blick gerade eher nach innen, als beispielsweise in den Globalen Süden. Welchen Herausforderungen begegnen humanitäre Organisationen wie Aktion gegen den Hunger momentan? 

(Helene) Die multiplen Krisen haben dazu beigetragen, dass der weltweite Hunger wieder zunimmt, gleichzeitig wird es immer schwieriger, die Menschen, die auch eigene Sorgen und Unsicherheiten plagen, zu erreichen. Steigende Kosten machen natürlich auch unsere Arbeit teurer – von den Transportkosten für die Hilfsgüter bis hin zu Energie- oder Papierkosten. Gleichzeitig sind ausreichend flexible Mittel, um auf neue Krisen schnell reagieren zu können, umso wichtiger geworden. Als Organisation müssen wir uns immer wieder hinterfragen und weiterentwickeln – dafür steht Action contre la Faim weltweit schon seit fast 45 Jahren. Wir hier in Deutschland bauen darauf auf.  

(Jan) Neben den Kosten für Güter nehmen durch die multiplen Krisen der letzten Jahre besonders in fragilen Kontexten auch gesellschaftliche und politische Spannungen zu. Für humanitäre Akteure wie uns wird es teilweise immer schwieriger, notleidende Menschen sicher zu versorgen und einen geschützten Zugang zu Konfliktgebieten zu erhalten. Hier ist es die Pflicht der internationalen Gemeinschaft, auf die Einhaltung des internationalen Völkerrechts zu achten. Gleichzeitig bedroht die Klimakrise die Möglichkeit vieler Menschen weltweit, sich mit Wasser und Nahrungsmitteln zu versorgen. Wir sehen uns nicht nur in der Pflicht, vor Ort Hilfe zu leisten. Auch politisch ist es immer wichtiger, laut zu werden für die Rechte der Menschen, deren Überleben bereits jetzt massiv vom Klimawandel bedroht wird.  

Unser Ziel ist es, dass die Millionen Menschen weltweit, die im 21. Jahrhundert weiterhin an Hunger leiden, eine Plattform erhalten, um gehört zu werden.

Jan Sebastian Friedrich-Rust
Jan Sebastian Friedrich-Rust

Und zu guter Letzt: Welche Vision habt ihr für die nächsten 10 Jahre Aktion gegen den Hunger? 

(Jan) Mein Ziel ist es, dass Aktion gegen den Hunger in 10 Jahren eine deutschlandweit in der breiten Öffentlichkeit bekannte Organisation ist. Denn mit der Unterstützung von Hunderttausenden, vielleicht sogar von Millionen Menschen in Deutschland erlangen wir ein noch viel stärkeres politisches Gewicht. Unser Ziel ist es, dass die Millionen Menschen weltweit, die im 21. Jahrhundert weiterhin an Hunger leiden, eine Plattform erhalten, um gehört zu werden. Ich sehe es als Aufgabe von Deutschland und der EU, maßgeblich dazu beizutragen, dass wir den Hunger noch in unserer Generation ein für alle Mal beenden. Und ich bin davon überzeugt, dass wir dieses Ziel gemeinsam auch erreichen können.

(Helene) Hunger soll in 10 Jahren Geschichte sein! Und alle Schulen in Deutschland bis dahin bei „Schulen gegen den Hunger“ mitgemacht haben. 

5. APRIL 2023
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