Zahl der Flüchtenden auf Rekordniveau
Im Jahr 2023 waren fast 120 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht vor Krieg, Konflikten, Verfolgung, Naturkatastrophen oder den Folgen des Klimawandels. Noch vor zehn Jahren war die Zahl nur halb so groß. Bis Ende 2023 waren demnach 117,3 Millionen Menschen auf der Flucht – und damit 8,8 Millionen bzw. 8 Prozent mehr als Ende 2022. Insbesondere Gewalt und anhaltende Konflikte sind Gründe dafür, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen – aber auch die immer häufigeren Folgen der Klimakrise.
Menschen weltweit auf der Flucht:
68,3 Millionen Binnenvertriebene
43,4 Millionen Geflüchtete
3,6 Millionen neue Asylgesuche
Wer ist ein Flüchtling?
Im umgangssprachlichen, alltäglichen Sprachgebrauch werden alle Menschen, die aus Not geflüchtet sind, als Flüchtling, heute häufig korrekter auch als Geflüchtete*r oder Flüchtende*r bezeichnet. Das betrifft Kriegsflüchtende ebenso wie Klima-, Umwelt- und Wirtschaftsflüchtlinge sowie Menschen, die in ihrem eigenen Land auf der Flucht sind.
Rechtlich ist der Begriff enger gefasst. So ist laut Artikel 1 der Genfer Flüchtlingskonvention ein Flüchtling eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will […]” (Genfer Flüchtlingskonvention 1951).
Um die Lücken der Genfer Konvention zu schließen, entschlossen sich die europäischen Gesetzgeber, den Schutz auf Menschen auszuweiten, die vor Folter, Todesstrafe oder Lebensgefahr in Kriegs- und Krisengebieten fliehen, da ihnen dort eine ernsthafte Gefahr droht. Es handelt sich dabei um subsidiär Schutzberechtigte.
Was ist der Unterschied zwischen Flüchtenden und Migrant*innen?
Migrant*innen verlassen ihre Heimat mehr oder weniger freiwillig, um ihre derzeitigen Lebensbedingungen zu verbessern. Sollte die Person zurückkehren, genießt er oder sie weiterhin den Schutz der Regierung. Flüchtlinge oder Flüchtende hingegen sind zur Flucht gezwungen und können unter den bestehenden Umständen nicht in ihr Heimatland zurückkehren.
Was sind Binnenvertriebene?
Binnenvertriebene (IDPs: Internally Displaced Persons) sind im eigenen Land auf der Flucht vor Krieg, Gewalt oder Menschenrechtsverletzungen. Sie werden rechtlich nicht als Flüchtlinge eingestuft, da sie keine international anerkannte Grenze überquert haben. Für den Schutz von Binnenvertriebenen sind die jeweiligen Staaten selbst verantwortlich. Oftmals kommen sie dieser Aufgabe jedoch nicht nach. Internationale Unterstützung erhalten Binnenvertriebene nur, wenn die jeweilige Regierung zustimmt und Hilfe zulässt.
Flucht heißt, auf Hilfe angewiesen zu sein. Unterstützen Sie mit uns Frauen, Männer und Kinder auf der Flucht — jetzt mit Ihrer Spende!
Fluchtursachen: Warum fliehen Menschen?
Niemand flieht leichtfertig oder grundlos. Meist ist es die pure Verzweiflung, die Menschen dazu zwingt, ihre Freunde, ihr Zuhause, all ihr Hab und Gut und manchmal sogar ihre Familie zurückzulassen. Die Gründe für die Flucht sind vielfältig. Häufig sind es Krieg, Gewalt, Verfolgung, Naturkatastrophen, menschenunwürdige Lebensbedingungen oder Hunger, die Menschen dazu bringen, ihre Heimat in der Hoffnung auf ein Leben ohne Angst und Not zu verlassen und ins Ungewisse aufzubrechen.
Krieg und Konflikte
Krieg ist eine zentrale Fluchtursache. Aus Angst um das eigene Leben und das Leben von Kindern und Familie fliehen die Menschen vor Gewalt, Unruhen, Terror, Zwangsrekrutierungen, Hinrichtungen und Menschenrechtsverletzungen, um zu überleben. Maßgeblich zum Anstieg der Zahlen von Geflüchteten haben fünf Konflikte – der verheerende Bürgerkrieg im Sudan, die heftigen Kämpfe in der Demokratischen Republik Kongo und in Myanmar, die anhaltend schwere Konfliktsituation in Syrien sowie die Angriffe im Gazastreifen, wo viele palästinensische Geflüchtete in den vergangenen Monaten mehrfach fliehen mussten.
Diskriminierung und Verfolgung
Es muss nicht Krieg herrschen, damit Menschen in ihrem Land um ihr Leben bangen. Auch Diskriminierung und Verfolgung, mangelnde Bürger- und Menschenrechte, Repressionen und Zensur sind Ursachen für Flucht. So werden Menschen aufgrund ihrer Religion, ihres Aussehens, der ethnischen Zugehörigkeit, der politischen Gesinnung oder ihrer sexuellen Neigung verfolgt und sind lebensbedrohlicher Gewalt ausgesetzt. Ihre Heimat zu verlassen und in einem anderen Land nach Freiheit, Schutz und Gerechtigkeit zu suchen, ist ihre Chance auf ein Leben in Sicherheit.
Zerstörung von Infrastruktur und Lebensgrundlagen
Gewaltsame Konflikte und Kriege vernichten Infrastruktur. Durch Bomben, Minen, Explosionen und Schusswechsel werden Gebäude, Straßen, Brücken und Schulen zerstört, die Strom- und Wasserversorgung bricht zusammen, ebenso die medizinische Versorgung, wenn Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen zum Ziel werden. Hinzu kommt, dass Felder nicht mehr bestellt werden, die Ernten ausbleiben, Lebensmittel knapp werden und in Folge die Nahrungsmittelpreise in schwindelerregende Höhen steigen. Auch Umwelt- und Naturkatastrophen wie Erdbeben, Dürre oder Überschwemmungen zerstörten Infrastruktur und Lebensgrundlagen der Menschen und zwingen Menschen zur Flucht.
Klimawandel und Naturkatastrophen
Der Klimawandel erhöht die Stärke und Häufigkeit von Katastrophen wie Dürren, Taifunen und Überschwemmungen. Die damit einhergehende Zerstörung der Infrastruktur und von Lebensgrundlagen zwingt viele Menschen zur Flucht. Auch schleichende Veränderungen wie die Versalzung von Böden, Versteppung oder der Anstieg des Meeresspiegels können die Lebensgrundlage von Menschen langfristig gefährden und negative Folgen für die wirtschaftliche Situation, Gesundheit und Bildung der Menschen haben.
Hunger
Das Recht auf angemessene Ernährung ist ein fundamentales Menschenrecht und in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert. Doch Recht und Wirklichkeit klaffen weit auseinander: Weltweit hungern rund 733 Millionen Menschen, obwohl die derzeit produzierten Lebensmittel 12 bis 14 Milliarden Menschen satt machen könnten.
Studien belegen, dass Hunger ein Hauptgrund für die weltweiten Fluchtbewegungen ist. Trotzdem gilt er (laut Genfer Flüchtlingskonvention) nicht als anerkannter Fluchtgrund.
In vielen Regionen ist Hunger die Folge des fortschreitenden Klimawandels oder gewaltsamer Konflikten. Den Zusammenhang zwischen Hunger und Konflikten hat der UN-Sicherheitsrat im Mai 2018 erstmals in einer Resolution verdeutlicht, in der Hunger als Methode der Kriegsführung verurteilt wurde.
Fluchtbewegung nach Ländern
Über die Hälfte der als Flüchtlinge anerkannten Schutzsuchenden, die ihr Land verlassen haben, kommt aus nur fünf Ländern. Die meisten Menschen haben der Bürgerkrieg in Syrien und die Situation in Afghanistan in die Flucht getrieben – nämlich jeweils 6,4 Millionen Menschen. Etwas weniger, 6,1 Millionen, haben Venezuela verlassen. Die Zahl ist zuletzt vor allem angestiegen, weil zuvor nicht alle als Geflüchtete oder Asylsuchende registriert werden konnten. Aus der Ukraine sind aufgrund des russischen Angriffskriegs rund 6 Millionen Menschen geflohen. Den Sudan wiederum, wo ein gewaltvoller Bürgerkrieg herrscht, haben 1,5 Millionen Menschen verlassen. Viele suchen Schutz in den Nachbarländern.
Unsere Hilfe für Menschen auf der Flucht
Flucht bedeutet, auf Unterstützung angewiesen zu sein. Darum stehen die Teams von Aktion gegen den Hunger Menschen auf der Flucht zur Seite und leisten lebensrettende Hilfe:
- Wir verteilen Lebensmittel und Trinkwasser.
- Wir kümmern uns um die Behandlung von akut mangelernährten Kindern.
- Wir verbessern die Wasser- und Sanitärversorgung, um dem Ausbruch von Krankheiten in Flüchtlingslagern vorzubeugen.
- Wir helfen traumatisierten Menschen mit psychosozialer Betreuung, ihre schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten.
Aktion gegen den Hunger arbeitet stetig daran, Hilfsprogramme auszuweiten. Doch für unsere weltweite Hilfe sind wir auf Unterstützung angewiesen.
Datenquelle: UNHCR Global Trends Report 2023