Madagaskar gilt laut Welternährunsprogramm der UNO als das erste Land am Rande einer Hungersnot ausgelöst durch die Klimakrise – die Menschen dort haben seit Monaten keinen Regen gesehen. Wissenschaftler*innen zufolge sei die Not dort eher auf Armut und schlechte Infrastruktur zurückzuführen. Doch dass der Regen fehlt, ist nicht von der Hand zu weisen. Unsere Mitarbeiter*innen und die Menschen in den dortigen Gemeinschaften sind auf ihn angewiesen. Hier geben wir ihnen eine Stimme.
Klimakrise in Madagaskar? Schon lange kein Regen mehr
Längere und häufigere Dürren, dazu immer wieder Stürme, Fluten und Hitzewellen – das sind nur einige der alarmierendsten Effekte der Klimakrise. Die ärmsten Bevölkerungsgruppen trifft es dabei am härtesten. Der Klimawandel zerstört Nutzpflanzen und beeinflusst den Lebensunterhalt in den Gemeinden enorm. Dabei sind sie abhängig von der Agrarwirtschaft.
In Madagaskar macht eine Dürre den Menschen das Leben schwerer als es sowieso schon ist. Das Wissenschaftlernetzwerk World Weather Attribution (WWA) sieht den Einfluss des Klimawandels hier zwar als geringer an als gedacht – nicht jedes Wetterextrem ist darauf zurückzuführen. Dennoch ist die Lage besorgniserregend. Die schlechte Infrastruktur macht die Menschen abhängig vom Wetter.
Die sich wiederholenden Wetterextreme der vergangenen Jahre sind eine Bedrohung für die Nahrungs- und Wasserversorgung, aber auch für die Gesundheitssysteme. Ganze Gemeinden stehen am Rande einer Hungersnot.
Die unerbittlichen Dürren machen es den Müttern in Madagaskar zunehmend schwerer, ihre Kinder zu ernähren. Mit den Temperaturen steigt der Durst, doch das Wasser ist knapp. Familien haben keine Wahl – sie müssen das Wasser nutzen, das sie noch finden können. Das wiederum führt zu mehr und mehr durchs Wasser übertragenen Krankheiten. All diese Faktoren zusammen münden in der traurigen Tatsache, dass Kinder immer öfter unter Mangelernährung leiden.
Jean: „Ohne Regen gibt es keine Ernte“
Jean ist stellvertretender Programmleiter und Teil der mobilen Teams, die in Ambovombe, in Madagaskars Süden, unterwegs sind. Seine Aufgabe: Kinder auf Mangelernährung untersuchen. Jean und sein Team berichten: Die Zahl der mangelernährten Kinder ist im Zuge des Klimawandels stark angestiegen.
„Der Klimawandel macht alles noch schlimmer als bisher“, erklärt Jean. „Ohne Regen gibt es keine Ernte. Die Menschen beginnen, alles zu essen, was sie finden. Sogar roten Kaktus.“
Die Hungersaison hält für Monate an. Trockene Böden machen es den Gemeinden unmöglich, Nutzpflanzen anzubauen. „Damals hat es im Januar, Februar und März immer geregnet, so dass wir Melonen und verschiedenen Kürbisarten anbauen konnten“, sagt Jean. Mittlerweile ist die Klimakrise in Madagaskar Alltag.
Florentine: „Die Zukunft hängt vom Klima ab“
Florentine arbeitet als Krankenschwester in den mobilen Kliniken im Dorf Ampanihy. Sie kümmert sich um Kinder, die an schwerer akuter Mangelernährung leiden – der lebensgefährlichsten Form von Hunger.
„Es ist schwer zu sagen, was die Zukunft bringt, denn sie hängt vom Klima ab“, sagt Florentine. „Ich fürchte, es wird noch viel mehr Fälle an Mangelernährung geben, weil das Klima immer trockener wird.“
Florentine ist Krankenschwester in Ampanihy und hilft dort stark mangelernährten Kindern.
Vergangenes Jahr hat Aktion gegen den Hunger mobile Gesundheitspflege- und Ernährungs-Teams in der Region Grand Sud im Süden Madagaskars aufgestellt. Derzeit betreiben wir 25 dieser mobilen Teams gerade in Gemeinden, die weit von medizinischen Zentren entfernt sind. Gerade in diesen Regionen gibt es oft die meisten stark mangelernährten Kinder.
Dame und Maliha: „Sie kümmern sich hier um unsere Kinder“
„Ich würde Getreide anbauen, wenn ich könnte. Aber es regnet nicht“, erklärt die 25-jährige Mutter Dame. „Ich versuche es, aber es funktioniert nicht. Ich habe keine Einkommensquelle. Ich habe nichts.“ Sie fügt an: „Darum bringe ich meine Kinder hierher. Hier bekommen sie therapeutische Nahrung zu essen. Dank diesem Essen geht es meinen Kindern besser.“
Die 38-jährige Maliha hat ihren Kindern Kaktusblätter gegeben, nur damit sie irgendetwas im Bauch haben. Als sie die Krankenschwestern der mobilen Kliniken gefunden hat, hat sich für sie alles geändert.
Dame (links) kann aufgrund der Trockenheit kein Getreide anbauen, auch Maliha konnte ihre Kinder kaum ernähren.
„Wir haben sehr lange gehungert“, erklärt Maliha. „Seitdem es keinen Regen mehr gegeben hat, hatten die Kinder nichts Normales mehr zu essen.“ Jetzt ist sie dankbar: „Die Hilfe der Krankenschwestern ist eine Erleichterung für uns. Sie haben sich hier um mein Kind gekümmert.“
Gemeinden in der Region Grand Sud hängen stark von Agrarkultur und Viehzucht ab. Dadurch leidet die Bevölkerung noch mehr unter den Folgen des Klimawandels. In manchen Gegenden haben Familien fast zwei Jahre lang keinen Regen mehr gesehen. Solche Wetterextreme zerstören die Felder. Das führt zu einer ernsthaften Nahrungsmittelkrise in einem Land, in dem 63 Prozent der Menschen ihren Lebensunterhalt als Bauern verdienen.
Pierre: „Ein Jahr auf Regen warten“
Pierre ist Mitarbeiter einer Partnerorganisation von Aktion gegen den Hunger im Bereich Ernährung, Gesundheit und Hygiene. Er ist Teil eines Projekts, das den Lebensstandard von Bauern in der Region erhöhen will.
Pierre ist Experte für Ernährung, Gesundheit und Hygiene. Er vermisst den Regen.
„Als ich noch im Norden Madagaskars gelebt habe, habe ich bereits von den Schäden durch das Klima gehört“, erklärt Pierre. „Als ich dann dort ankam, habe ich mit eigenen Augen das unfruchtbare, waldlose Land gesehen. Teilweise musst du hier ein Jahr auf Regen warten.“
Lizà: „Wir trainieren nachhaltigen Anbau“
Lizà arbeitet für eine lokale Partnerorganisation im Bereich Ernährungssicherheit und Lebensunterhalt. Sie arbeitet für unsere lokalen Partner AFAFI. Sie kennt die direkten Einflüsse des Klimawandels, die die Bauern in der Region herausfordern.
„Wir haben dieses Jahr einen echten Wandel im Klima bemerkt. Der Anbaukalender ist vollkommen durcheinandergebracht. Die Regenfälle haben sich verzögert.“
Lizà ist für Ernährungssicherheit zuständig. Sie hat den Anbaukalender immer vor Augen – doch mittlerweile ist er total durcheinander.
Aktion gegen den Hunger steht zusammen mit unseren Partnern im engen Austausch mit den Gemeinden vor Ort. Wir helfen ihnen, ihr Land zu organisieren und zu verwalten. Unser Eingreifen hilft über 4.000 Haushalten dabei, Gemüseanbau und Viehhaltung im kleinen Maßstab aufzubauen. Ziel ist es, Nahrung verfügbar zu machen, indem wir nachhaltigen Anbau befürworten und trainieren.
„Die Bauern, die von uns geschult werden, teilen ihr Wissen mit anderen Bauern”, sagt Lizà. „Es ist einfacher, wenn sie ihr Können an andere Gruppenmitglieder weitergeben.“
Alfred: „Unsere Ernte hilft uns, gesund zu bleiben“
„Das AFAFI-Projekt hilft uns bei der Arbeit“, sagt Alfred, ein Bauer, der bei einem Training des Projekts dabei war. „So bekommen wir die notwendigen Materialien für den Ackerbau. Unsere Erzeugnisse sind sowohl für den Verkauf als auch für den Eigenbedarf gedacht. Das Projekt zeigt uns eine Anbautechnik, die wir dann selbst anwenden."
Menschen wie Florentine, Pierre oder Lizà unterstützen die Menschen direkt vor Ort, um Mangelernährung vorzubeugen. Aber auch Sie können dazu beitragen, den Hunger in Madagaskar und anderen Teilen der Welt zu bekämpfen.