„Was bedeutet Hunger für dich?“ – Diese Frage haben wir Menschen aus einer Stadt im Senegal im Rahmen unseres Fotoprojekts gestellt. Eines Fotoprojekts, bei dem diese Menschen vor Ort nicht nur die Protagonisten, sondern auch die Fotografierenden waren. Mit Kameras ausgestattet, erzählen sie uns ihre Geschichten und ihre Erlebnisse – aus ihren Augen und mit ihren Worten.
Fotoprojekt: Was bedeutet Hunger?
Wir erleben ein Ausmaß an Hunger, wie wir es noch nie zuvor gesehen haben. Mit den Stimmen einer Gemeinschaft im Senegal möchten wir die Gründe und deren Auswirkungen dokumentieren. Jedes teilnehmende Mitglied hatte die Möglichkeit, ein Bild davon zu malen, was Hunger für sie bedeutet. Die Geschichten, die sie erzählen, stammen von einer Gemeinschaft, die noch nie die Gelegenheit hatte, ihre Geschichte zu erzählen – die Geschichte eines Ortes, an dem Dürreperioden das Ackerland ruinieren, wo die Schließung der einzigen Eisenbahnlinie der Stadt bedeutet, dass es weniger Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und wo Mütter unterernährte Kinder zur Welt bringen, weil Familienplanung oder das Bewusstsein für Ernährung fehlen.
Die Berichte zeigen auch eine Gemeinschaft, die sich gegenseitig unterstützt und Lösungen für die Herausforderungen findet, vor denen sie steht. Ein elementarer Teil davon sind weibliche Gesundheitshelferinnen, die die Anzeichen von Mangelernährung erkennen, bevor es zu spät ist, Frauenkooperativen, die nahrhafte Lebensmittel zubereiten, und Großmütter, die ganze Familien unterstützen.
Das Dorf, das den Müll erntet
Das Projekt fand in einem Dorf namens Touba Séras statt. Es handelt sich um eine kleine Gemeinde mit rund 4.000 Einwohnern am Rande von Louga, einem Viehmarktzentrum im Nordwesten Senegals. In den 1990er Jahren als Siedlung gegründet, ist es heute ein anerkanntes Dorf mit Schulen und einem Gesundheitszentrum.
Das Klima in Touba Séras ist unbarmherzig: Der Regen ist selten und kommt immer unzuverlässiger. Die Hitze ist drückend und der Wind trocken. Der Boden ist kaum mehr als Sand und Staub, und außer dem giftigen Sodom-Apfel wächst kaum etwas.
Für Nutztiere gibt es kein Gras mehr zum Weiden, so dass die Menschen Stroh kaufen müssen, um ihre Pferde und Ziegen zu füttern. Der Anbau von Getreide oder Gemüse ist unter den gegebenen Umständen praktisch unmöglich, und die wenigen Zitronen- und Mangobäume, die zwischen den Häusern wachsen, bringen nicht viel ein.
Anstatt das Land um das Dorf herum zu bewirtschaften, erntet die Gemeinde Metall und Plastik von einem ständig wachsenden Müllfeld. Der Müll stammt aus der nahe gelegenen Stadt Louga und wird von den Behörden vor den Toren des Dorfes abgeladen.
Ein Meer von Müll bedeckt die Landschaft und schwappt gegen die Wände der Grundschule und der kleinen Häuser am Rande der Gemeinde. Frauen und Kinder suchen in den krankheitsverseuchten Abfällen nach wiederverwertbaren Materialien, die sie verkaufen, um Lebensmittel zu kaufen.
Das sind die Geschichten der Menschen von Touba Séras
Dié
Die 39-jährige Dié arbeitet im Gesundheitszentrum von Touba Séras. Sie hilft der Oberschwester beim Untersuchen von Kindern auf Mangelernährung, nimmt an Impfkampagnen teil und sensibilisiert die Gemeinde für die Gefahren der Mangelernährung. Außerdem verdient sie mit dem Verkauf von Kosmetika ein Einkommen.
Ihre Geschichte des Hungers erzählt sie aus der Perspektive einer Großmutter aus dem Dorf. Sie dokumentiert, was Hunger für die Menschen über Generationen hinweg bedeutet.
Aissatou
Die 33-jährige Aissatou ist Gesundheitshelferin in der Gemeinde und verkauft Medikamente im Gesundheitszentrum. Sie untersucht Kinder auf Mangelernährung, behandelt sie und hilft ihren Familien mit Kochvorführungen.
Sie erzählt uns ihre Geschichte des Hungers anhand Arbeit im Gesundheitszentrum. Dort lernte sie ihre Patientin Kadhy kennen. In dieser Geschichte geht es um den Zusammenhang zwischen Mangelernährung und anderen Krankheiten.
Mama Fall
Der 52-jährige Mama ist der leitende Sekretär des Gesundheitszentrums von Touba Séras. Er hilft bei der Verwaltung und dem Finanzmanagement in der Gemeinde. Außerdem ist er Sportlehrer.
Seine Geschichte des Hungers gibt uns einen interessanten Einblick, wie die Unterernährung mit der Migration zugenommen hat.
Mare
Die 44-jährige Mare schult Menschen im Getreideanbau und in der Geflügelzucht, damit sie ihren Lebensunterhalt verdienen können. Als freiwillige Gesundheitshelferin im Gesundheitszentrum von Touba Séras setzt sie sich für den Schutz der Kinderrechte ein und hilft Kindern, deren Eltern psychische Probleme haben.