In Pakistan erlebt die Bevölkerung im Frühjahr 2024 eine Hitzewelle, die ihresgleichen sucht und eine unmittelbare Bedrohung für die Gesundheit der Menschen darstellt. Besonders gefährdet sind Bevölkerungsgruppen, die bereits in Armutsverhältnissen leben. Insbesondere in den abgelegenen Gebieten von Belutschistan und Sindh müssen Menschen mit nur wenig Schutz Temperaturen über 50 Grad Celsius aushalten. Solche Temperaturen sind lebensbedrohlich. Kurz darauf fallen sintflutartige Niederschläge, die in den genannten Regionen für Überschwemmungen sorgen – während es weiter viel zu warm bleibt.
Über 50 Grad Celsius: Lebensbedrohliche Temperaturen in Pakistan
Zu den Symptomen von Hitzestress und Hitzeerschöpfung können Schwindel, Übelkeit, Ohnmacht, Verwirrung, Müdigkeit, starkes Schwitzen, Kopfschmerzen und Muskelkrämpfe gehören. Steigt die Körpertemperatur jedoch über ihre Obergrenze zwischen 40 und 50 °C, kann der menschliche Körper einen Hitzschlag erleiden. Dabei kann es zu Organschwellungen bis hin zum Organversagen kommen – mit oft tödlichen Folgen.
Der Temperaturanstieg und die darauf folgenden Fluten treffen in unverhältnismäßiger Weise Menschen, die in Armut leben und beispielsweise keinen Zugang zu Kühlsystemen haben, oder Beschäftigte im informellen Sektor, die ihre Tätigkeit nicht unterbrechen oder im Schatten arbeiten können. Vor allem Kinder, schwangere Frauen und ältere Menschen sind durch extreme Temperaturen stärker gefährdet.
Menschen in Armut besonders gefährdet
Eines unserer Teams hat mit Kulsoom gesprochen. Sie lebt in einem Dorf in Khairpur, Sindh, wo sie an den Aufklärungsveranstaltungen von Aktion gegen den Hunger zum Thema Hitzewelle teilnahm. Sie erzählt, dass ihr Neffe bei der Arbeit auf dem Feld einen Hitzschlag erlitten hat. „Er bekam hohes Fieber und wurde ins Krankenhaus eingeliefert“, berichtet sie. Sie macht sich große Sorgen um ihn und seine Angehörigen: „Da er jüngere Geschwister hat, um die er sich kümmern muss, und seine Mutter nicht laufen kann, ist er der Alleinverdiener in der Familie.“
„Mein Mann war auch auf dem Feld, um zu arbeiten. Er erlitt einen Hitzschlag, der zu einer Lähmung führte, und liegt derzeit noch im Bett“, fügt Benazir hinzu, die ebenfalls in Khairpur lebt. Ihre Familie hat zwar die tödlichen Überschwemmungen von 2022 überlebt, aber diese Hitzewelle ist ein weiterer schwerer Schlag für sie. „Wir haben kleine Kinder und unser Haus wurde von den Fluten weggespült. Wir sind dringend auf Unterstützung angewiesen“, erzählt sie.
Um die Auswirkungen dieser Hitzewelle abzumildern, hat Aktion gegen den Hunger Pakistan Ressourcen mobilisiert und Teams entsandt, die bereits in den Bezirken Jaffarabad, Sohbatput und Khairpur in den ländlichen und abgelegenen Regionen von Belutschistan und Sindh im Einsatz sind. Diese koordinierten Maßnahmen werden in Zusammenarbeit mit den örtlichen Gemeinden und Regierungsbehörden durchgeführt, um die am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu unterstützen. „Unsere Maßnahmen umfassen die Sensibilisierung für Hitzewellen und Hitzschlag, die Verteilung von Trinkwasser, die Bereitstellung von Schatten und Kühleinrichtungen sowie die Verbreitung wichtiger Informationen zur Vorbeugung und zum Verhalten im Falle eines Hitzschlags“, erklärt Muhammad Amir, Landesdirektor von Aktion gegen den Hunger in Pakistan.
Nun startet die Monsunzeit – und das erneut besonders heftig. Sindh und Belutschistan waren bereits 2022 von den schweren Überschwemmungen in Pakistan übermäßig stark betroffen. Damals stand ein Drittel der gesamten Landmasse Pakistans über Monate hinweg unter Wasser. Dem Regen vorausgegangen war auch damals eine Hitzewelle mit langer Dürre.
Extreme Hitze und Starkregen sind direkte Folgen des Klimawandels
Diese extremen Wetterlagen sind also kein Einzelphänomen, sondern eine direkte Folge des Klimawandels. Pakistan ist zwar nur für 1 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, doch ist das Land unverhältnismäßig stark von extremen Wetterereignissen wie Dürren oder Überschwemmungen betroffen [1].
Steigende Temperaturen und unregelmäßige Niederschläge verschärfen den Wasserstress und bedrohen Ackerbau und Viehzucht. Von 1951 bis 2021 ist die Pro-Kopf-Wasserverfügbarkeit von 5260 Kubikmetern auf 1017 Kubikmeter gesunken [2]. Der Wasserstress wird sich nach 2050 noch verstärken, wenn die Gletscher, die den Indus speisen, nicht mehr schmelzen werden.
Andererseits ist die Regenzeit zwar für die Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit von entscheidender Bedeutung, doch führen unvorhersehbare Regenfälle zunehmend zu Katastrophen. Zwischen Juni und September 2022 forderten die Überschwemmungen in Pakistan mehr als 1.700 Todesopfer, Tausende von Menschen wurden vertrieben und es entstand erheblicher Sachschaden, insbesondere in den Provinzen Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhunkhwa. Die Vernichtung von Ernten und der Tod zahlreicher Tiere haben die Ernährungsunsicherheit verschärft und zu einer ernsten Ernährungskrise geführt, so dass im Jahr 2023 fast 10,5 Millionen Menschen als von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen galten [3].
„Der Klimawandel erhöht die Intensität, Dauer und Häufigkeit von Hitzewellen, während extreme Wetterereignisse zunehmen. Daher ist es wichtig, dass die internationale Gemeinschaft weiterhin in die Widerstandsfähigkeit und die Katastrophenvorsorge investiert, damit das Land die zukünftigen Herausforderungen meistern kann“, schließt Muhammad Amir.