Corona bedroht die Lebensgrundlage der Menschen
Schon vor Ausbruch des Coronavirus befand sich der Jemen in einer kritischen Notlage. Viele Menschen mussten fliehen und ihr Zuhause zurücklassen, um ihre Familien vor dem Krieg zu retten. Zudem sind die Lebensunterhaltungskosten aufgrund des anhaltenden militärischen Konflikts in schwindelerregende Höhen gestiegen.
Die Pandemie stellt die Bevölkerung vor eine Krise in der Krise. Viele Kinder sind mangelernährt und kämpfen mit Atemwegserkrankungen, Malaria oder Dengue-Fieber. Ihr Immunsystem ist am Boden und eine Ansteckung mit COVID-19 ist daher für Menschen aller Altersgruppen besonders gefährlich.
Der COVID-19-Ausbruch verschärft die bereits bestehende Notlage immens. Viele Menschen werden einfach nicht behandelt, weil sie keine finanziellen Mittel haben – und nicht etwa, weil sie den Prozessablauf oder das Behandlungsprotokoll nicht kennen.
Dr. Samar Kanzel, stellvertretender ProgrammleiterMenschen, die sich mit COVID-19 anstecken, haben keine Behandlungsmöglichkeiten, weil es im Land an Krankenhausbetten mangelt. Die meisten von ihnen könnten die Symptome auch selbst zuhause behandeln – allerdings können sie es sich nicht leisten. Diese finanziellen Hürden und der fehlende Zugang zum Gesundheitssystem machen eine bereits kritische Situation noch schwieriger.
COVID-19 und der Zugang zu Lebensmitteln im Jemen
Die Pandemie führt auch zu Sorgen hinsichtlich der Nahrungsmittelkrise im Jemen. Der Verlust von Jobs macht es vielen Familien schwer, Einkommen zu generieren.
„Tagelöhner sind plötzlich arbeitslos und haben kein Einkommen mehr“, erklärt Dr. Samar. „Das macht es schwer, über die Runden zu kommen.“ Längst sind die Lebensunterhaltungskosten aufgrund der nicht enden wollenden Kriegssituation in Jemen in schwindelerregende Höhen gestiegen. Die Bevölkerung kämpft nun mit Inflation, Entwertung ihrer Währung (Jemen-Rail) und den steigenden Produktpreisen.
„Wir hatten hier bereits vor dem Ausbruch des Coronavirus eine Krise. Man kann sich also vorstellen, wie die Situation hier momentan aussieht“, sagt Dr. Samar. „Die bereits schwierige Situation wird sich wahrscheinlich noch weiter verschlechtern“, fährt er fort.
Wie die Menschen aus Jemen auf den Coronavirus reagieren
Es wird davon ausgegangen, dass sich im Jemen viele Menschen infiziert haben und ohne eine offizielle Mitteilung vom Gesundheitsministerium verstorben sind.
„Wir können von den Bürgern nicht erwarten, dass sie etwas über den Virus wissen – geschweige denn, ihn für real halten“, sagt Dr. Samar. „Obwohl Ärzte Warnungen aussprachen, haben die Menschen sie ignoriert bis das Gesundheitsamt das erste Corona-Opfer gemeldet hat“, setzt er fort.
Mit der Einstellung des Luft-, Land- und Wasserverkehrs dachten die Menschen aus Jemen, dass ein Ausbruch im Land sehr unwahrscheinlich sei. Als mehr und mehr gemeldete COVID-19-Fälle dazukamen, begannen die Menschen zu realisieren, dass die Grenzen zu den Nachbarländern offen waren. So kamen Lastwagen ins Land und infizierte Fahrer trugen dazu bei, den Virus zu verbreiten.
Aktion gegen Hunger: Unsere Antwort auf den Jemen-Konflikt
Obwohl es Zugangsbeschränkungen gibt, sind unsere Teams vor Ort im Einsatz. Unsere Mitarbeitenden stellen lebensrettende Hilfe zur Verfügung, indem sie:
Kinder mit einer lebensrettenden therapeutischen Fertignahrung behandeln.
Sensibilisierungskampagnen starten und Mitarbeitende des Gesundheitswesens schulen.
Informationen von Tür zu Tür verbreiten und damit die Bevölkerung aufklären – natürlich unter strenger Beachtung der Hygienemaßnahmen.
Handwaschstationen installieren und die Wasserversorgung im Land verbessern.
Mobile Kliniken errichten, um Menschen dort zu behandeln, wo sie sich befinden.
Einrichtung mobiler Kliniken zur Behandlung gefährdeter Menschen
Eine weitere Möglichkeit, wie wir dabei helfen, die Ausbreitung des Coronavirus im Jemen zu stoppen, sind mobile Kliniken. Da es in der Umgebung keine Gesundheitseinrichtungen gibt, haben es vor allem gefährdete Bevölkerungsgruppen oftmals schwer, die notwendige Unterstützung zu erhalten. Mobile Kliniken ermöglichen uns, sie dort zu behandeln, wo sie sich befinden.
Die Situation hier wird immer schlimmer. Dies ist auf die vielen Probleme zurückzuführen, unter denen unser Land leidet – darunter auch Armut und Krieg.
„Wegen der Ausbreitung von Krankheiten brauchen die Menschen eine zusätzliche medizinische Versorgung – insbesondere bei Bluthochdruck, Diabetes und Herzproblemen“, so Bahaa.
In der Provinz Abyan arbeiten viele Tagelöhner auf nahe gelegenen Bauernhöfen. Dies hat zu einer weit verbreiteten Unterernährung geführt, weil sich Menschen nicht genügend Nahrungsmittel für eine gesunde Ernährung leisten können. Hier leben auch viele Vertriebene.
Unsere mobile Klinik erreicht auch abgelegene Gebiete im Jemen. Für die 12-jährige Wardah (und ihre Familie), ist das die einzige Möglichkeit, Hilfe zu erhalten.
„Die Menschen hier in dieser Gegend leben in extremer Armut", sagt Entisar, ein Ernährungsbeauftragter. "Sie können die Situation mit eigenen Augen sehen. Unterstützungsmaßnahmen wurden eingestellt und es herrscht ein großer Mangel an Nahrungsmitteln, was bedeutende Auswirkungen auf die Kinder hat.“
Seit wir unsere mobilen Kliniken eingerichtet haben, spüren die Menschen in der lokalen Bevölkerung jedoch eine große Erleichterung: „Ich bin heute hierher gekommen, weil meine Tochter an Durchfall und Erbrechen leidet. Wir werden mit Nährstoffen und Medikamenten versorgt“, sagt Muno, die in der Gegend lebt. Sie ist froh, dass sie nicht den weiten Weg in die nächstgelegene Klinik auf sich nehmen musste, sondern in unserer mobilen Klinik Unterstützung erhielt.