Afghanistan: Internationale Sanktionen behindern humanitäre Hilfe
Im Vorfeld der internationalen Geberkonferenz warnt Aktion gegen den Hunger vor einer massiven Hungerkrise in Afghanistan: 95 Prozent der Bevölkerung können sich nicht ausreichend ernähren. Internationale Sanktionen und das Einfrieren von Geldern behindern die dringend notwendige Arbeit von humanitären Organisationen. Finanzielle Mittel für humanitäre Hilfe retten Leben und dürfen nicht als Druckmittel bei Verhandlungen eingesetzt werden.
„Die internationale Gemeinschaft darf auf der Geberkonferenz die Finanzierung der humanitären Hilfe nicht politisieren. Wir müssen sicherstellen, dass die Menschen in Not humanitäre Hilfe erhalten“, erklärt Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer von Aktion gegen den Hunger.
Nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 wurden zahlreiche Gelder, wie zum Beispiel der Weltbank, eingefroren. Diese Sanktionen behindern jedoch die Zahlung von Gehältern und die Durchführung grundlegender humanitärer Hilfsprogramme in Afghanistan.
Sanktionen behindern humanitäre Hilfe und erhöhen Ernährungsunsicherheit
Die internationalen Sanktionen haben zu einer Bargeldknappheit und einer Wirtschaftskrise geführt. Das hat massive Folgen auf die humanitäre Hilfe, denn humanitäre Organisationen sind auf die Beschaffung von lebensrettenden Hilfsgütern auch aus dem Privatsektor angewiesen. Jan Sebastian Friedrich-Rust mahnt an, dass dringend konzertierte Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Liquiditätskrise, die begrenzten Beschäftigungsmöglichkeiten und die steigenden Preise für Grunderzeugnisse, einschließlich importierter Waren und Lebensmittel, zu bewältigen.
Mehr als 24 Millionen Menschen sind derzeit in Afghanistan auf humanitäre Hilfe angewiesen. Das ist ein alarmierender Anstieg von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Schätzungen gehen davon aus, dass aktuell fast 23 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind, darunter 8 Millionen Afghaninnen und Afghanen, die unmittelbar mit einer Hungersnot konfrontiert sind. Insgesamt 95 Prozent der Menschen in Afghanistan können sich nicht ausreichend ernähren – darunter fallen nahezu alle Haushalte, die von Frauen geführt werden.
Humanitäre Hilfe von Sanktionen ausnehmen
Die Resolution 2615 der Vereinten Nationen sowie Rechtsvorschriften in den USA, England und der EU sehen vor, dass humanitäre Ausnahmen von internationalen Sanktionen möglich sind. Es ist unerlässlich, dass diese Ausnahmen auch für Afghanistan ermöglicht werden. Humanitäre Helferinnen und Helfer befürchten, dass sich die internationalen Banküberweisungen sonst noch weiter verlangsamen oder gar unmöglich werden. Es muss davon ausgegangen werden, dass ansonsten Lieferketten unterbrochen werden und Hilfsmaßnahmen ausgesetzt werden müssen.
Aktion gegen den Hunger startete bereits 1979 mit Projekten in Afghanistan und ist seit der Neueröffnung des Büros im Jahr 1995 im Land tätig, um die Lebensgrundlagen für die besonders gefährdeten Menschen zu verbessern. Unsere Teams leisten Unterstützung in den Bereichen Gesundheit, Ernährungssicherheit, Wasser und Hygiene und Abwasserentsorgung in den Provinzen Kabul, Daykundi, Helmand, Ghor und Badakhshan.