Ein Jahr nach Kriegsbeginn: Aktion gegen den Hunger verstärkt Hilfe in Gaza, Westjordanland und Libanon
Ein Jahr nach den menschenverachtenden Angriffen auf Israel und dem darauffolgenden Kriegsausbruch in Gaza weitet Aktion gegen den Hunger die humanitäre Hilfe aus und macht auf die prekäre Lage der Bevölkerung aufmerksam. Der bevorstehende Wintereinbruch, die zunehmende Unterernährung im Gazastreifen und unzureichender Zugang zu Hilfe für tausende vertriebene Familien stellen die humanitäre Hilfe vor große Herausforderungen. Die Organisation beklagt den schwierigen Zugang zu Hilfslieferungen und den mangelnden Schutz der humanitären Helfer*innen bei ihrer Arbeit.
„Der Schutz aller humanitären und medizinischen Mitarbeitenden ist entscheidend, um Leben zu retten. Wir fordern die Öffnung aller Landübergänge, damit das Hilfspersonal freien Zugang hat und kritische Dienstleistungen wie Wasser, Strom, Treibstoff und Lebensmittel gewährleistet werden können“, betont Jean Raphael Poitou, Advocacy-Mitarbeiter von Aktion gegen den Hunger. Er erläutert die erschwerten Bedingungen für humanitäre Hilfe: „Das Konzept von ‚Sicherheitszonen‘ oder ‚humanitären Zonen‘ existiert in Gaza nicht. Ende Juli schätzten die Vereinten Nationen, dass 86 Prozent des Gazastreifens von den israelischen Streitkräften als unsicher eingestuft wurden. Von der sogenannten ‚sicheren Zone‘ sind nur noch 41 Quadratkilometer übrig. Mehr als zwei Millionen Menschen haben keinen Zugang zu grundlegender Hygiene-, Schutz-, Lebensmittel- und Wasserversorgung gemäß den Menschenrechten und dem Humanitären Völkerrecht.“
Natalia Anguera, Projektleiterin von Aktion gegen den Hunger für den Nahen Osten, ergänzt: „Der bevorstehende Kälteeinbruch verschärft die Dringlichkeit, insbesondere in Gaza, wo tausende vertriebene Menschen unter prekären Umständen leben. Die Angst vor Krankheiten steigt, da viele gezwungen sind, im Freien zu schlafen – in Gebieten, in denen sich Regenwasser und Müll ansammeln, was das Risiko von Epidemien erhöht.“
Mangelernährung in Gaza
Der Zusammenbruch des Gesundheitssystems, eingeschränkter Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser und Hygieneartikeln sowie die Zerstörung von lebenswichtiger Infrastruktur haben Mangelernährung, die vor dem Konflikt kaum existierte, zu einer akuten Bedrohung werden lassen.
Cristina Izquierdo ist Ernährungskoordinatorin des Nothilfeteams von Aktion gegen den Hunger und war in den letzten Monaten mehrmals in Gaza tätig. „Der Zugang zu Wasser ist unzureichend und die hygienischen Bedingungen sind katastrophal. Alle Kinder in Gaza sind mangelernährt. Vor einem Jahr hätten wir uns nie vorstellen können, dass e notwendig ist, den Armumfang von Kindern zu messen, um das Risiko einer Mangelernährung zu ermitteln. Heute sind alle Kinder in Gaza gefährdet.“
Aktion gegen den Hunger führt Präventions- und Ernährungsprogramme für Kinder und schwangere und stillende Frauen durch, zwei der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen in Gaza.
Geflüchtetenkrise im Libanon
Nach Angaben der Behörden wurden mehr als eine Million Menschen im Libanon aufgrund zunehmender Spannungen an der Grenze zu Israel vertrieben. Syrische Geflüchtete im Libanon, die vor dem Krieg geflohen waren, sehen sich nun einem weiteren Konflikt gegenüber. Angesichts der Eskalation verstärkt Aktion gegen den Hunger Hilfsmaßnahmen und arbeitet dabei eng mit lokalen Behörden, den Vereinten Nationen und anderen Organisationen zusammen, um die betroffenen Gemeinden zu erreichen. Aktion gegen den Hunger verteilt Wasser, Lebensmittel, Decken und andere lebenswichtige Güter an gefährdete Menschen und koordiniert die Unterstützung in Sammelunterkünften mit Behörden und Institutionen.
Aktion gegen den Hunger leistet humanitäre Hilfe
„Seit Beginn des Konflikts in Gaza haben wir unser Personal von 60 auf 130 humanitäre Helferinnen und Helfer aufgestockt. Seit Oktober 2023 haben wir mehr als einer Million Menschen in Gaza und im Westjordanland unterstützt. Im Libanon, wo wir seit 2006 tätig sind, haben wir ein Team von 240 Mitarbeitenden. Seit Oktober 2023 haben wir dort mehr als 160.000 Menschen durch Bargeldhilfen, Ernährungs- und Gesundheitsmaßnahmen, Nahrungsmittelhilfe sowie Wasser-, Sanitär- und Hygienedienstleistungen unterstützt“, berichtet Natalia Anguera.
Hunger als Kriegswaffe
„In Gaza wird Hunger als Kriegswaffe eingesetzt“, sagte Jean Raphael Poitou. „Die internationale Gemeinschaft hat es versäumt, das Humanitäre Völkerrechts durchzusetzen. Wir dürfen nicht zulassen, dass landwirtschaftliche Flächen und wichtige zivile Infrastrukturen zerstört werden und Hilfe blockiert wird. Es ist zwingend erforderlich, das Humanitäre Völkerrecht anzuwenden, um Zivilistinnen und Zivilsten zu schützen und sicherzustellen, dass die Geiseln nach Hause zurückkehren. Alle verfügbaren Mechanismen zum Schutz von humanitären Helferinnen und Helfern müssen eingehalten werden. Wir fordern einen dauerhaften Waffenstillstand, damit wir die humanitäre Hilfe leisten können, die die Menschen in Gaza und im Libanon benötigen. Wir müssen alles tun, zivile Opfer zu verhindern.“
Hinweis an die Redaktionen
- Sprecher*innen verfügbar: Gerne vermitteln wir Interviews, Gastbeiträge oder Hintergrundgespräche.
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Über Aktion gegen den Hunger
Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 56 Ländern und Regionen aktiv ist und über 21 Millionen Menschen unterstützt. Seit über 40 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.987 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen.