Historische Hungerkrise in der Sahelzone: 35 Millionen Menschen bedroht
Anlässlich des 6. EU-Afrika Gipfels, der am 17. und 18. Februar in Brüssel stattfindet, warnt Aktion gegen den Hunger in einem aktuellen Bericht über die dramatische Ernährungssituation in der Sahelzone und appelliert an die Staatengemeinschaft, jetzt zu handeln.
Etwa 35 Millionen Menschen in Burkina Faso, Tschad, Mali, Mauretanien und Niger werden in der Zeit zwischen den Ernten im Juni und August 2022 von einer akuten Ernährungs- und Existenzkrise betroffen sein. Sie werden praktisch keine Nahrungsmittel zur Verfügung haben. Dies ist die wichtigste Schlussfolgerung des Berichtes „Sahel: Averting Another Historic Food Crisis“, der gerade von der humanitären und entwicklungspolitischen Organisation Aktion gegen den Hunger veröffentlicht wurde. Es ist die größte Nahrungsmittelkrise des letzten Jahrzehnts, die nur durch zusätzliche humanitäre Maßnahmen abgewendet werden kann.
„Seit November letzten Jahres schlagen unsere Frühwarnsysteme Alarm. Die Weideflächen haben sich verschlechtert, die Sterblichkeitsrate des Viehbestands hat zugenommen, die Preise für Grundnahrungsmittel sind gestiegen und die Anzahl unterernährter Kinder, die in den Gesundheitszentren behandelt werden, weisen darauf hin, dass sich eine Ernährungskrise anbahnt. Bereits heute sind 27 Millionen Menschen in der Sahelzone bedroht. Wenn wir jetzt nichts unternehmen, werden es in den kommenden Monaten 35 Millionen sein“, sagt Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer von Aktion gegen den Hunger.
Anhaltende Konflikte, COVID-19 und Klimawandel
Der Bericht identifiziert drei Faktoren, die die kritische Situation in der Sahelzone bestimmen: Erstens die anhaltenden Konflikte in der Region, die mehr als 9 Millionen Menschen vertrieben sowie deren Lebensgrundlagen und die lokale Wirtschaft zerstört haben. Zweitens Bewegungseinschränkungen, die in Folge der COVID-19-Pandemie auferlegt wurden und dazu geführt haben, dass Hunderttausende Viehzüchter daran gehindert wurden, ihr Vieh auf der Suche nach Wasser und Weideland in ihre Märkte zu treiben. Drittens die Auswirkungen der Klimakrise in Form von Dürren und Überschwemmungen.
„Die internationale Gemeinschaft und die betroffenen Länder müssen jetzt schnell und konzertiert handeln. Dabei geht es um dringend notwendige Soforthilfe und nachhaltige Maßnahmen, um die Krise nicht zu verschleppen. Wenn wir nicht entschlossen handeln, wird der Hunger mit der gleichen Wucht zuschlagen wie in den schlimmsten Krisen von 2012 oder 1984“, so Friedrich-Rust.
EU-Afrika-Gipfel: Kritik aus der Zivilgesellschaft
Der EU-Afrika-Gipfel, bei dem es u. a. um Themen wie Investitionen in die öffentliche Verwaltung, gute Regierungsführung und Sicherheit geht, wird von der afrikanischen und der europäischen Zivilgesellschaft kritisiert, weil er wenig Raum für ihre wirkliche Beteiligung an der Entscheidungsfindung zulässt.
„Auch wenn es handfeste Gründe für politische und wirtschaftliche Sanktionen gibt: Mali sollte von den Sanktionen der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) ausgenommen werden, denn die Einschränkungen beeinträchtigen die Arbeitsfähigkeit von humanitären Organisationen und verschlechtern die humanitäre Situation der Bevölkerung“, so Friedrich-Rust.