Zwei Kinder stehen vor einer Hütte in einem Geflüchtetenlager in Mauretanien.

Afrikanische Union: Regionale Konfliktlösung muss Priorität sein

Vor fast 60 Jahren trafen sich unsere Gründungsväter unter der Führung von Kwame Nkrumah, Julius Nyerere, Haile Selassie, Milton Obote und anderen unabhängigen afrikanischen Führern in Addis Abeba zum ersten Gipfeltreffen der Staatsoberhäupter der Organisation für Afrikanische Einheit (die Vorgängerin der Afrikanischen Union).

Eine Vision für den afrikanischen Kontinent

Die Erklärungen des Gipfels von Mai 1963 sahen eine bessere Zukunft für den afrikanischen Kontinent vor, frei von Armut, Krankheit, Hunger und Mangelernährung. Im Laufe der Jahre wurde diesen Erklärungen jedoch nie Priorität eingeräumt. Langsam entwickelten sich die Versprechen zu Hoffnungen, wurden zu Träumen und sind nun fast vergessen, da die Lebensqualität der meisten Afrikaner*innen trotz Selbstverwaltung stagniert.

Wenn die Staats- und Regierungschef*innen der Afrikanischen Union in diesem Monat in Addis Abeba zusammenkommen, müssen sie die Gespräche über die Beendigung von Armut, Hunger und Mangelernährung im Sinne der Unabhängigkeitsgeneration neu beleben. Das Gipfeltreffen der AU-Staatschef*innen ist das höchste Entscheidungsgremium der afrikanischen Länder und bestimmt die Prioritäten und die Politik des Kontinents.

Derzeit sind mehr als 149 Millionen Menschen in Afrika von Ernährungsunsicherheit betroffen. Zum Vergleich: Dies entspricht der Bevölkerung von Kenia, Uganda, Somalia, Ruanda und Burundi zusammen. Das ist schockierend. Genau wie bei Naturkatastrophen sollte der Kampf gegen den Hunger auf dem gesamten Kontinent zur Notlage erklärt werden.

Gründe für den Hunger in Afrika

Mehrere Faktoren sind für den zunehmenden Hunger in Afrika verantwortlich, darunter der Klimawandel, eine schlechte Regierungspolitik und Konflikte. Globale Konflikte wie der Krieg in der Ukraine, die Krise im Roten Meer und der Konflikt in Gaza haben sich direkt auf die Ernährungssicherheit ausgewirkt, da die weltweiten Lebensmittelpreise gestiegen sind und humanitäre Hilfe in die Ukraine und nach Gaza umgeleitet wird.

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht meiner Organisation Aktion gegen den Hunger zeigt, dass Konflikte die Hauptursache für den Hunger sind, nicht nur in Afrika, sondern auf der ganzen Welt. Der Bericht zeigt detailliert auf, wie Konflikte den Hunger fördern. Aus ihm geht hervor, dass die Zahl der Menschen, die von Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung betroffen sind, in den von Konflikten betroffenen Gebieten um 80 Prozent gestiegen ist.

Frauen tragen die Hauptlast

82 Prozent der an Hunger leidenden Afrikaner*innen leben in von Konflikten betroffenen Ländern, wobei Frauen in der Regel die Hauptlast tragen. Bewaffnete Konflikte zerstören die Lebensgrundlagen – Felder, Vieh und Vorratsspeicher sowie wichtige Infrastruktur – und hindern Menschen am Zugang zu Märkten, Schulen und Krankenhäusern. Familien werden gezwungen, aus ihren Häusern zu fliehen und ihr Leben und ihre Existenzgrundlage zurückzulassen. In Gebieten mit zunehmender Gewalt sind humanitäre Organisationen oft nicht mehr in der Lage, die Betroffenen adäquat zu unterstützen.

In einer Zeit, in der Konflikte grassieren und der Hunger zunimmt, müssen die afrikanischen Staats- und Regierungschef*innen alles in ihrer Macht Stehende tun, um die zahlreichen Konflikte zu lösen, die auf dem gesamten Kontinent wüten – von den Aufständen in Somalia über den Bürgerkrieg im Sudan bis hin zu den internen Unruhen in Äthiopien, um nur einige zu nennen. Wie Kofi Annan sagte: „Afrika muss mehr Verantwortung für seine Probleme und Lösungen übernehmen.“

Hunger und Konflikt: ein Teufelskreis

Im Jahr 2018 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einstimmig die Resolution 2417, die den Zusammenhang zwischen Konflikten und Hunger anerkennt und erklärt, dass die Verweigerung des Zugangs zu Nahrungsmitteln während eines Konflikts ein Kriegsverbrechen darstellen kann.
Humanitäre Organisationen wie Aktion gegen den Hunger leisten in vielen von Konflikten betroffenen Gebieten humanitäre Hilfe und stellen Nahrungsmittel und Trinkwasser zur Verfügung. Unsere Unterstützung in dem Umfang anzubieten, wie wir das gerne möchten, wird jedoch immer schwieriger. Finanzielle Mittel werden gekürzt und die Sicherheitslage in vielen Region wird immer prekärer – Mitarbeitende humanitärer Organisationen werden immer häufiger das Ziel von Gewalt, Entführungen, Schikanen und Morden.

Wenn es den afrikanischen Staats- und Regierungschef*innen gelingt, Konflikte zu lösen oder deutlich zu verringern, werden Millionen afrikanischer Bürger*innen davon profitieren. Die Lebensqualität wird sich erheblich verbessern, und Hunger und Mangelernährung werden deutlich zurückgehen. Ich bin optimistisch, dass die afrikanischen Staats- und Regierungschef*innen auf diesem Gipfeltreffen die Gelegenheit nutzen und die Worte von Patrice Lumumba mit Leben erfüllen werden. „Afrika wird seine eigene Geschichte schreiben, und sowohl im Norden als auch im Süden wird es eine Geschichte des Ruhmes und der Würde sein.“

Albert Siminyu ist Regionaldirektor von Aktion gegen den Hunger in der Region Horn von Afrika und Ostafrika.

16. FEBRUAR 2024
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