Ein Mädchen aus dem Sudan trägt einen Karton auf dem Kopf bei der Flucht in den Südsudan.

Ein Jahr Konflikt im Sudan: Gewalt verschärft den Hunger und führt zur weltweit größten Flüchtlingskrise

Pressemitteilung vom: 12.04.2024

Seit Ausbruch des Konflikts zwischen den sudanesischen Streitkräften und den paramilitärischen Rapid Support Forces vor einem Jahr hat sich die Situation für die Menschen aus dem Sudan dramatisch verschlechtert. Rund 18 Millionen Menschen leiden an akutem Hunger, die historisch höchste Zahl während der Erntezeit. Über 8,5 Millionen Menschen wurden vertrieben, mehr als 25 Millionen Menschen im Sudan und in den Nachbarländern Tschad und Südsudan benötigen dringend humanitäre Hilfe. Aktion gegen den Hunger warnt vor einer drohenden Hungersnot und appelliert an die internationale Gemeinschaft, die Menschen im Sudan nicht zu vergessen und ausreichend humanitäre Mittel bereitzustellen.

„Die Auswirkungen des Krieges im Sudan sind für Kinder, Frauen und ältere Menschen besonders verheerend. Etwa 2,9 Millionen Kinder sind akut unterernährt, hiervon leiden rund 730.000 Kinder unter fünf Jahren an schwerer akuter Mangelernährung, der gefährlichsten und tödlichsten Form von extremem Hunger. Bereits jetzt sterben Kinder im Sudan an Mangelernährung, sagt Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer von Aktion gegen den Hunger. „Die internationale Gemeinschaft muss umgehend handeln und die dringend benötigte Hilfe bereitstellen. Ansonsten könnten in den kommenden Monaten mehr als 220.000 Kinder sterben.“

Sudan: Gewalt verschärft den Hunger

Die Eskalation des Konflikts hat zu erheblichen Schäden in der Infrastruktur geführt. Im ganzen Land wurden Märkte, Produktions- und Verarbeitungsstätten für Nahrungsmittel sowie die Wasserinfrastruktur und Gesundheitseinrichtungen zerstört und geplündert. Es gab rund 300 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, bei denen 61 Mitarbeitende getötet wurden.  Diese Angriffe beeinträchtigen den Zugang der Zivilbevölkerung zu Nahrung und Gesundheitsleistungen.  

Besorgniserregend ist auch der Anstieg sexualisierter und geschlechterspezifischer Gewalt: Es gibt zahlreiche Berichte über Vergewaltigungen, Entführungen und Zwangsverheiratungen von Frauen und Mädchen.  „Das Ausmaß der Gewalt ist schockierend. Aktion gegen den Hunger hat zahlreiche Schutzprogramme gestartet, um Frauen und Mädchen zu unterstützen. Zudem begleiten unsere Teams Opfer von sexualisierter Gewalt“, so Friedrich-Rust.  

Flucht und Vertreibung

Der Krieg im Sudan hat zur aktuell größten Geflüchtetenkrise weltweit geführt. Mehr als 8,5 Millionen Menschen wurden vertrieben, wovon etwa 6,5 Millionen Binnenvertriebene sind.  Rund 2 Millionen Menschen sind in die Nachbarländer geflohen. Schätzungsweise rund 600.000 Menschen sind seit Beginn des Konfliktes in den Tschad geflüchtet. Das Land selbst befindet sich in einer Ernährungskrise, und die Mittel für humanitäre Hilfe sind knapp. Insbesondere in den Gemeinden im Osten des Landes, wo viele Geflüchtete aufgenommen werden, ist die humanitäre Lage kritisch.  

„88 Prozent der Geflüchteten sind Frauen und Kinder. Im Geflüchtetencamp Zabout liegt die Rate der schweren akuten Mangelernährung bei Kindern unter 5 Jahren bei 1,9 Prozent. Das ist alarmierend. Der WHO-Grenzwert liegt bei 2 Prozent. Aber das gesamte Land befindet sich in einer humanitären Krise“, sagt Henri-Noël Tatangang, Landesdirektor von Aktion gegen den Hunger im Tschad.

Finanzierung der humanitären Hilfe

Zum Jahrestag am 15. April findet eine internationale Geberkonferenz für den Sudan und die Nachbarländer in Paris statt. „Aktion gegen den Hunger appelliert an die internationale Gemeinschaft, die Finanzierung der dringend benötigten humanitären Hilfe sicherzustellen.  Laut UN sind 2,7 Milliarden US-Dollar notwendig. Bisher sind nur 5 Prozent der benötigten Mittel eingegangen. Zudem fordern wir die Konfliktparteien auf, sicherzustellen, dass humanitäre Organisationen freien und ungehinderten Zugang zu den betroffenen Gemeinschaften haben, um schnell und effektiv Hilfe leisten zu können.“

Unsere Arbeit im Sudan und den Nachbarländern

Aktion gegen den Hunger ist im Sudan und in den Nachbarländen Tschad und Südsudan tätig. Unsere Teams im Sudan arbeiten trotz der anhaltenden konfliktbedingten Herausforderungen weiter. Aktuell sind wir an 11 Orten in den Staaten Weißer Nil, Blauer Nil, Südkordofan und Zentral-Darfur präsent. In allen Regionen herrscht Ernährungsunsicherheit der IPC-Stufe 3 – akuter Hunger. Zwischen April und Dezember 2023 erreichte Aktion gegen den Hunger fast 500.000 Menschen in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Lebensgrundlagen, Wasser- & Sanitärversorgung, Hygiene, Gleichstellung und Schutz. Außerdem unterstützt Aktion gegen den Hunger die Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt und bietet ihnen Begleitung an.  

Im Tschad ist Aktion gegen den Hunger seit 1981 tätig. Die Teams arbeiten in den Provinzen N'Djamena und Logone Oriental, Bahr El Gazal, Lake, Kanem, Ouaddai und Sila und führen Projekte in den Bereichen Ernährung, Gesundheit, psychische Gesundheit und psychosoziale Betreuung, Wasser, Hygiene, Abwasserentsorgung, Ernährungssicherheit und Existenzsicherung durch. Im Jahr 2023 haben unsere Teams insgesamt 771.259 Menschen im Land erreicht.

Seit dem Ausbruch der Gewalt um Sudan sind mehr als 600.000 Menschen in den Südsudan geflohen. Auch hier leistet Aktion gegen den Hunger humanitäre Hilfe.  

Hinweis an die Redaktionen

Gerne vermitteln wir Interviews.

Über Aktion gegen den Hunger

Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 55 Ländern und Regionen aktiv ist und über 28 Millionen Menschen unterstützt. Seit über 40 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.990 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen. 

26. APRIL 2024
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