Humanitäre Krise in der Ukraine spitzt sich zu
Politisch Verantwortliche müssen handeln
Die in der Ukraine engagierten internationalen und lokalen humanitären Organisationen haben sich in Berlin zu einer Konferenz zusammengefunden, um auf die vergessene humanitäre Krise im Osten des Landes aufmerksam zu machen und die Entscheidungsträger zu einer spürbaren Verbesserung der Lage in der Ukraine zu bewegen.
Menschliches Leid in der Ostukraine nimmt weiter zu
Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit nimmt das menschliche Leid in der Ostukraine weiter zu. Vor fast vier Jahren haben die bewaffneten Auseinandersetzungen begonnen und sie halten bis heute an. Innerhalb der zehn Kilometer breiten Zone entlang der Konfliktlinie gibt es durchschnittlich 40 Zwischenfälle am Tag. Und die Bevölkerung zu beiden Seiten des Verlaufs driftet immer weiter auseinander.
Humanitäre Lage ist alarmierend
Die sich andauernd verschlechternde humanitäre Lage ist alarmierend. Das ACCESS–Konsortium*, bestehend aus People in Need, Action contre la Faim, Doctors of the World/ Médecins du Monde und ACTED/ REACH, ruft dazu auf, deutlich mehr zu unternehmen, um die grundlegenden Bedürfnisse der Bevölkerung zu stillen. Der Appell richtet sich an die Konfliktparteien, an die internationale Gemeinschaft sowie an die humanitären Akteure.
Aktuell stagnieren die Gespräche, ein politischer Durchbruch in naher Zukunft ist unwahrscheinlich. Gleichzeitig ist die humanitäre Hilfe unterfinanziert. Rund vier Millionen Menschen befinden sich in kritischer Lage und benötigen dringend Hilfe. Es ist höchste Zeit, dass alle involvierten Akteure gemeinsam nach einer realistischen Lösung suchen.
Einen Beitrag zum Dialog leistete die internationale Konferenz „Die Ukraine: eine vergessene humanitäre Krise innerhalb Europas?” am 22. November in Berlin. Sie wurde vom ACCESS-Konsortium organisiert und von der Europäischen Kommission unterstützt. Teilnehmer waren lokale und internationale Nichtregierungsorganisationen, Repräsentanten der Zivilgesellschaft, der Vereinten Nationen, der Europäischen Union, Geldgeber sowie politische Vertreter von Parteien, aus Parlamenten und Regierungen.
Ein Ziel der Konferenz war es, die humanitäre Lage in den Fokus zu stellen. Meist spielt sie in den diplomatischen Bemühungen nur eine untergeordnete Rolle, denn dabei geht es in der Regel um Sicherheitsaspekte und politische Dimensionen. Ein Versäumnis, wie Šimon Pánek, Präsident von People in Need und Vorsitzender des ACCESS-Konsortiums sagte: “Die Kämpfe, die Handelsblockade, der fehlende Zugang zu lebensnotwendiger Grundversorgung – all das hat die Bevölkerung in große Not gestürzt. 1,2 Millionen Menschen haben keinen gesicherten Zugang zu Nahrungsmitteln; bei 176.000 von ihnen ist die Versorgungslage äußerst kritisch. Und dies geschieht unmittelbar vor dem Toren der Europäischen Union.“
Darüber hinaus suchten die Vertreter der anwesenden Institutionen nach Wegen aus der Sackgasse und skizzierten die bislang unternommenen Initiativen. Dazu zählen diplomatische Verhandlungen, ein nationaler Strategieplan und der Plan der Europäischen Union integrierter humanitärer und Entwicklungsprogramme für die Ukraine. „Die EU hat von Beginn der Krise an eine führende Rolle gespielt, um die Not zu lindern“, sagte der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Christos Stylianides. „Wir wollen auch in Zukunft dabei helfen, die Folgen des Konflikts für die Bevölkerung abzumildern. Wir leisten humanitäre Hilfe für die gefährdesten Gruppen und unterstützen Reformen und Entwicklung, wo dies möglich ist.”
Die militärischen Aktivitäten waren in dem Zeitraum 2016/ 2017 unverändert. Die insgesamt ruhigere Periode wurde von Zeit zu Zeit durch lokale Gewaltausbrüche durchbrochen. Das bedeutet, die humanitäre Situation vor Ort hat sich durch andere Umstände verschlechtert: die diplomatische Sackgasse, die Reduzierung der humanitären Mittel, die fehlenden Investitionen in den Wiederaufbau und insgesamt die unzureichende Konzentration auf die Bedürfnisse und Schwierigkeiten der Bevölkerung in der Ostukraine - sowohl von Seiten den Behörden als auch von internationalen Organisationen. Um das Leid der Menschen in der Ukraine zu lindern, fordern die Vertreter des ACCESS-Konsortiums nun verbindliche Zusagen auf allen Ebenen.
Über das ACCESS-Konsortium:
Im Mai 2017 haben sich vier große internationale Organisationen zu einem Konsortium zusammengeschlossen. Dazu gehören People in Need (PIN), Action Contre La Faim (ACF), Ärzte der Welt/ Médecins du Monde und ACTED in Partnerschaft mit IMPACT. Ziel des neu gegründeten ACCESS-Konsortiums ist es, multisektorale humanitäre Hilfe für die von Konflikten betroffenen Bevölkerungsgruppen in der Ostukraine zu leisten. Das Projekt, das von der Generaldirektion Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz der Europäischen Kommission (ECHO) finanziert wird, zielt darauf ab, die jeweiligen technischen Fachkenntnisse in den einzelnen Sektoren zu nutzen und die Hilfsmaßnahmen durch bessere Koordinierung und Synergien weiter zu verbessern.