Mütter und Kinder im Gesundheitszentrum im Kongo

Welternährungstag: COVID-19 gefährdet die globale Nahrungsmittelversorgung

Durch COVID-19 könnte sich die Zahl der an einer akuten Ernährungskrise leidenden Menschen bis Ende des Jahres von 135 Millionen auf 265 Millionen nahezu verdoppeln, warnt die entwicklungspolitische und humanitäre Hilfsorganisation Aktion gegen den Hunger zum heutigen Welternährungstag. Pro Monat könnten durch die Folgen der Pandemie weitere 10.000 Kinder an Mangelernährung sterben. Gleichzeitig sind die weltweiten humanitären COVID-19-Hilfsprogramme erst zu einem Drittel gedeckt, also drastisch unterfinanziert. Die Weltgemeinschaft muss jetzt Verantwortung für die Auswirkungen der Pandemie übernehmen und eine globale Hungerkrise verhindern, fordert Aktion gegen den Hunger.

Das globale Ernährungssystem muss resilienter werden

„Das Virus hat unser globales Ernährungssystem erschüttert und ein weiteres Mal seine grundlegenden Schwächen offenbart. Wir müssen jetzt handeln, um Millionen Menschen vor dem Hungertod zu bewahren. Unsere Nahrungsmittelproduktion muss selbstbestimmter, lokaler und resilienter werden, um gegen globale Krisen wie COVID-19 gewappnet zu sein“, sagt Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer von Aktion gegen den Hunger. „Die Ausgangssperren haben fast die Hälfte der Weltbevölkerung getroffen. Rund 2 Milliarden informelle Arbeiter*innen konnten ihrem Broterwerb nicht mehr nachgehen, um jeden Tag ihre Familien zu ernähren. Gleichzeitig haben die Grenzschließungen und Lieferstopps in einigen Ländern zu einer Hyperinflation geführt – in Syrien sind die Kosten für Grundnahrungsmittel um 240 Prozent gestiegen! Die Menschen verhungern, obwohl die Märkte voller Lebensmittel sind.“

10.000 mehr Kinder könnten pro Monat an Hunger sterben

Die wirtschaftlichen Folgen der Krise haben viele Länder des Globalen Südens schwer getroffen. COVID-19 hat zum Zusammenbruch ganzer Wirtschaftszweige, zu steigender Arbeitslosigkeit und Armut geführt. Zudem stehen in vielen Ländern durch die Pandemie die Gesundheitssysteme kurz vor dem Kollaps. Das hat auch gravierende Auswirkungen auf die Prävention und Behandlung von Mangelernährung. Schätzungen zufolge könnte die Zahl der an Mangelernährung leidenden Kinder durch COVID-19 um 14 Prozent steigen.

Hinzu kommt, dass die Corona-Pandemie in vielen Ländern des Globalen Südens nur eine weitere Krise unter vielen ist. Aufgrund steigender bewaffneter Konflikte, der Folgen des Klimawandels und extremer Ungleichheiten nimmt der Hunger bereits seit 2014 auf der ganzen Welt zu. In vielen Regionen ist eine weitere dramatische Zunahme der unter Hunger leidenden Menschen zu befürchten.

COVID-19 hat den Globalen Süden schwer getroffen

  1. In Lateinamerika, mit den großen Infektionsherden in Brasilien, Kolumbien und Peru, werden schätzungsweise 29 Millionen Menschen durch die Pandemie in Armut verfallen. Besonders schlimm ist die Situation für die vier Millionen Venezolaner*innen im Exil und die Millionen Zentralamerikaner*innen, die unter dem drastischen Rückgang von Überweisungen aus dem Ausland leiden und in der Not auf kurzfristige und teure Kredite zurückgreifen müssen. Auch Kinderarbeit nimmt als direkte Folge dramatisch zu.

  2. In Afrika, wo die Infektionskrankheit glücklicherweise bisher nicht die Ausmaße anderer Regionen erreicht hat, sind die Auswirkungen auf die bereits vor der Pandemie schwach aufgestellten Gesundheitssysteme besorgniserregend. Unsere Teams mussten in vielen Fällen erhebliche Anstrengungen unternehmen, um die Menschen in den Präventionsprogrammen für Mangelernährung halten und die Behandlung von Kindern mit akuter Mangelernährung weiterhin sicherstellen zu können.

  3. Im Nahen Osten scheinen die Preise für Grundnahrungsmittel unaufhaltsam zu steigen. Im Libanon haben sich die Lebensmittelpreise seit Mai verdoppelt. Die dortigen Ausgangssperren waren besonders hart für die 1,5 Millionen syrischen Geflüchteten, die dicht gedrängt und in unsicheren Bedingungen in Lagern leben.

Seit März haben unsere Teams auf der ganzen Welt die Programme an die aktuelle Situation angepasst. Zunächst ging es hauptsächlich darum, wirkungsvolle Präventionsmaßnahmen zu entwickeln, Hygieneschulungen und Aufklärungsprogramme anzubieten und das Bewusstsein der lokalen Bevölkerung zu sensibilisieren, um eine großflächige Ausbreitung des Virus zu verhindern. Besonders die lokalen Gesundheitszentren haben wir bei der Entwicklung und Umsetzung von Hygiene- und Präventionsplänen unterstützt. Kurze Zeit später erweiterten wir unsere Unterstützung und verteilten Nahrungsmittelpakete an Millionen von informellen Arbeiter*innen, die über Nacht ihr Einkommen verloren hatten, und an besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen wie Geflüchtete und Migrant*innen. Für uns stand dabei stets im Mittelpunkt, unsere humanitären Projekte weiterführen zu können – trotz aller Einschränkungen durch Lieferstopps, Ausgangssperren und Grenzschließungen. Zusammen mit unseren lokalen Partnern arbeiten wir daran, möglichst viele Menschen mit unserer Hilfe zu erreichen und die langfristigen Auswirkungen der Krise abzufedern.

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Vassilios Saroglou
16. OKTOBER 2020
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