Weitgehendes Berufsverbot, Schulverbot, Verschleierung – seit der Machtübernahme der Taliban ist der Bewegungsradius für Frauen und Mädchen in Afghanistan klein geworden. Verstöße gegen die vielfältigen Sittenregeln der Islamischen Republik werden mit harten Strafen verfolgt, in der Folge verstummen die weiblichen Stimmen, die über die Situation im Land berichten.
Frauen in Afghanistan: Ihr Leid muss gehört werden
Die massive Einschränkung ihrer Bewegungs- und Arbeitsfähigkeiten macht Frauen – und in der Folge auch Kinder – besonders anfällig für die Auswirkungen der massiven Wirtschaftskrise im Land. Fast jeder von Frauen geführte Haushalt in Afghanistan leidet unter Ernährungsunsicherheit oder benötigt anderweitig humanitäre Hilfe und auch in anderen Haushalten fehlt das zusätzliche Einkommen. Durch die Berufseinschränkungen ist es für Frauen und Mädchen zudem schwieriger geworden, medizinische Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen – denn Männer dürfen viele Behandlungen an Frauen nicht durchführen.
Die Stimmen der Frauen in Afghanistan verschwinden zunehmend in der Stille. Fünf mutige Mitarbeiterinnen aus unserem Team vor Ort berichten, wie sich ihr Leben in den vergangenen Jahren verändert hat und welche Hoffnung sie für sich und die anderen Frauen im Land haben.
*Um die Sicherheit unserer Mitarbeitenden und der interviewten Frauen zu schützen, werden keine vollständigen Namen, Wohnorte oder Berufe wiedergegeben.
Nurana: Mädchen brauchen ein Recht auf Bildung
Nurana arbeitet normalerweise als Genderbeauftragte bei Aktion gegen den Hunger. Als junges Mädchen hatte sie das Glück, eine Schule besuchen zu können und wollte damals unbedingt Ärztin werden. Als sie aber von anderen Mädchen in ihrem Alter hörte, dass sie dieses Privileg nicht haben, hat sie ihren Berufswunsch geändert und Jura studiert. Sie möchte sich auch zukünftig wieder für Menschenrechte – insbesondere die Rechte von Frauen und Mädchen – stark machen. Vor allem das Recht auf Bildung soll Mädchen nicht verwehrt bleiben:
Nila, Aziza und Banu: „Nicht die Hoffnung verlieren!“
Nila, Aziza und Banu hatten große Träume: Die drei Frauen haben studiert, um den Menschen in ihrem Land zu helfen. Das wird ihnen derzeit verwehrt. Aziza etwa ist Psychologin und kann aktuell nur eingeschränkt von Zuhause aus arbeiten, während Nila ihrem Beruf gar nicht mehr nachgehen kann. Doch alle drei geben nicht auf und motivieren andere Mädchen und Frauen:
Ellaha: „Alle sollten die Freiheit haben, arbeiten und lernen zu dürfen“
Nur noch ein Semester hat Ellaha von ihrem Traum, Ärztin zu werden, getrennt. Dann kamen die Taliban wieder an die Macht. Sie darf derzeit als eine von wenigen Frauen weiter als Krankenschwester arbeiten und kann sich so vor allem um die Gesundheit von Kindern und schwangeren sowie stillenden Frauen kümmern. Sie will weiterhin ihr Bestes geben, um ihre Mitmenschen zu unterstützen – und auch für ihre Tochter da sein, die die Schule nur noch bis zur sechsten Klasse besuchen darf, während ihr Bruder weiterlernen kann. Beide geben die Hoffnung nicht auf:
Aktion gegen den Hunger verbindet eine lange Geschichte mit Afghanistan
Mit den starken Einschränkungen der Rechte von Frauen und Mädchen nehmen die derzeitigen Machthaber in Afghanistan in kauf, dass ihre Bevölkerung immer mehr leidet. Denn wenn Ellaha, Aziza, Nila, Nurana, Banu und allen anderen Frauen, Mädchen sowie sonstigen marginalisierten Gruppen die Teilhabe in der Gesellschaft, in der Bildung und der Arbeitswelt verwehrt wird, schlägt sich das immer weiter auf die Lebenssituation aller Menschen in Afghanistan nieder. Schon jetzt leben rund 97 Prozent aller Menschen im Land unterhalb der Armutsgrenze – selbst in den Städten.
Aufgrund von Sonderregelungen dürfen die Mitarbeiterinnen von Hilfsorganisationen wie Aktion gegen den Hunger nun in bestimmten Bereichen wieder arbeiten, etwa in der Pflege von mangelernährten Kindern. Wir unterstützen alle unsere Mitarbeitenden in Afghanistan weiter und setzen alles daran, unsere Arbeit so schnell wie möglich wieder vollumfänglich aufnehmen zu können. Wir freuen uns, wenn Sie uns mit Ihrer Spende unterstützen und gemeinsam mit uns gegen Hunger und Not in Afghanistan und weltweit ankämpfen:
Aktion gegen den Hunger wurde 1979 im Kontext des Afghanistankrieges gegründet und ist seit 1995 durchgehend im Land mit rund 1000 Mitarbeitenden tätig. Dabei konzentrieren sich unsere Hilfsprogramme vor allem auf die Bekämpfung von Hunger, auf Ernährungssicherung und den Zugang zu Gesundheitsleistungen sowie auf die Verbesserung der Wasser- und Sanitärversorgung. Insbesondere unsere Mitarbeiterinnen sind ein wichtiger Teil in unserem Kampf gegen Mangelernährung bei Kindern und (werdenden) Müttern. Dabei betreiben wir neben festen Gesundheitszentren auch rund 40 mobile Kliniken, mit denen wir Familien in abgelegenen Bereichen versorgen.