Goma und die anderen Frauen aus ihrem Dorf in Nepal sitzen nach einer Demonstration für Ernährungssicherheit gemeinsam auf dem Boden und winken in die Kamera.

In Nepal bahnen sich Frauen ihren eigenen Weg – gegen den Hunger!

Am 8. März, dem Tag der Frauenrechte, würdigt Aktion gegen den Hunger die Emanzipation der Frauen auf der ganzen Welt – und wirft diesmal einen Blick auf Nepal. Dort machen die Wirtschaftskrise und der Klimawandel ländliche Gemeinschaften zunehmend verwundbar.

Darunter leidet die Ernährungssicherheit – viele Familien auf dem Land haben nicht mehr ausreichend zu essen. Insbesondere jene, die für ihren Lebensunterhalt auf die Landwirtschaft angewiesen sind, sind diesen Herausforderungen besonders ausgesetzt. Der Klimawandel führt zu extremen Ereignissen wie lang anhaltenden Dürren und übermäßigen Regenfällen, die die traditionellen landwirtschaftlichen Zyklen stören und die Ernten gefährden. Darüber hinaus verschärft die Wirtschaftskrise die Situation, schränkt den Zugang zu Ressourcen ein und zwingt viele Menschen, das Land auf der Suche nach besseren Arbeitsplätzen zu verlassen. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) verlassen jedes Jahr etwa 500.000 junge Menschen aus Nepal, meist Männer, das Land, um woanders einer sichereren Arbeit nachzugehen.  

Nepalesische Frauen: Herausforderungen in Chancen verwandeln

Nepalesische Frauen, deren Ehemänner das Land verlassen haben, um im Ausland zu arbeiten, sind oft die alleinigen Ernährerinnen und stehen vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen.   

Goma Bishwakarma kommt aus einem kleinen Dorf in Udayapur, Nepal. Sie hat ihr Leben selbst in die Hand genommen und ist damit ein Vorbild für die anderen Frauen im Dorf.
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Goma Bishwakarma kommt aus einem kleinen Dorf in Udayapur, Nepal. Sie hat ihr Leben selbst in die Hand genommen und ist damit ein Vorbild für die anderen Frauen im Dorf.

Für Goma Bishwakarma kam es nicht in Frage, sich zurückzulehnen und auf die Rückkehr ihres Mannes zu warten, der, wie viele andere Männer in ihrem Dorf, nach Katar gegangen war. In der Provinz Udayapur hat fast jede Familie die bittere Erfahrung der Arbeitsmigration gemacht. Die Abwesenheit der Männer veranlasste viele Frauen, alles selbst in die Hand zu nehmen. Allein mit ihren Kindern zu bleiben, war eine große Herausforderung. Goma jedoch sah die Situation als Chance. Sie wagte den Sprung und kandidierte als gewählte Abgeordnete für ihr Dorf – obwohl ihr die Kommunalpolitik am Anfang fremd war. „Ehrlich gesagt, wusste ich nicht viel darüber. Jemand aus dem Dorf schlug meinen Namen vor, und ich wurde bei den Wahlen 2017 gewählt. Die wirtschaftliche Lage ist sehr schwierig. Mein Herz sagt mir, dass ich jedem, der in Schwierigkeiten steckt, helfen muss. Aber auch ich habe viele Probleme, und meine finanzielle Situation ist prekär.“

Goma ist Mutter von drei Jungen, von denen die beiden jüngsten noch bei ihr leben. Während der 9-jährige Bhupendra putzt, bereitet der 16-jährige Toman das Mittagessen zu und wäscht das Geschirr ab. Nach zehn Jahren anstrengender Arbeit im Ausland ist ihr Mann mittlerweile nach Hause zurückgekehrt, wo er sich um den Gemüsegarten und die Bambuszucht kümmert. Goma ihrerseits hat sich ihren Platz als wirtschaftliche Akteurin im Haushalt bewahrt, aber sie muss immer noch kämpfen.

„Ich betone immer, dass auch Frauen Geld verdienen können und damit wertvoll für den Arbeitsmarkt sind. Heute unterstützt mein Mann mich sehr, aber meine Arbeit zu Hause wird immer noch nicht berücksichtigt. Ich mache den Haushalt und spüle das Geschirr, und wenn ich ihn bitte, mir zu helfen, sagt er mir, dass ich das selbst machen kann.“

Goma Bishwakarma
Goma Bishwakarma, Nepal

Frauen in Nepal nehmen sich ihren Raum in der Öffentlichkeit

Es ist noch ein weiter Weg, aber diese Veränderungen in den Haushalten schockieren niemanden mehr, denn die Frauen haben neue Rollen übernommen, in denen sie zu Entscheidungsträgerinnen geworden sind. Goma hat ihr Mandat voll und ganz erfüllt und ist heute eine engagierte Aktivistin und Leiterin einer Gruppe von Bäuerinnen. Sie ist Teil eines Projekts von Aktion gegen den Hunger und der lokalen Vereinigung Sahara, das darauf abzielt, die lokale landwirtschaftliche Produktion und den Lebensunterhalt gefährdeter Haushalte zu stärken: „Es ist keine Schande, etwas Neues zu lernen. Die Frauen des Dorfes haben verschiedene Ausbildungen absolviert, aber wir konnten nichts verdienen. Es macht keinen Sinn, an Ausbildungskursen teilzunehmen und dann zu Hause zu bleiben und nichts zu tun. Dieses Projekt ändert alles: Man kann zum Beispiel zwei Körbe aus einem einzigen Bambus herstellen und 500 Rupien verdienen. Das ist großartig!“ 

Die Frauen im Dorf in Udayapur treffen sich oft zu Kundgebungen für Gleichberechtigung und Ernährungssicherheit. Auch Goma ist oft dabei.
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Die Frauen im Dorf in Udayapur treffen sich oft zu Kundgebungen für Gleichberechtigung und Ernährungssicherheit. Auch Goma ist oft dabei. 

Es ist nicht ungewöhnlich, Goma bei Kundgebungen zu treffen, wo sie auf die Bedeutung einer gesunden, abwechslungsreichen Ernährung aufmerksam macht. Bei der jüngsten Mobilisierung kamen über 150 Frauen und Mädchen zusammen, um gleiche Rechte auf hochwertige Lebensmittel zu fordern. Zwar sind Lebensmittel im ganzen Land weithin verfügbar, doch die Vielfalt der Nahrungsmittel ist alles andere als ideal. In der Provinz Udayapur liegt die Rate der akuten Unterernährung mit 15,1 Prozent über dem Landesdurchschnitt, was eine akute Verschlechterung des Ernährungszustands von Kindern im Alter zwischen 6 und 59 Monaten widerspiegelt. Dies wirft die Frage nach einer guten Ernährungspraxis auf. Dies gilt auch für Erwachsene, insbesondere für Frauen, die zu den am stärksten von Unterernährung bedrohten Gruppen gehören. 

Goma ruft oft Treffen mit den Frauen aus dem Dorf vor ihrem Haus ein. Hier sprechen sie über Unternehmensplanung und mehr.
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Goma ruft oft Treffen mit den Frauen aus dem Dorf vor ihrem Haus ein. Hier sprechen sie über Unternehmensplanung und mehr. 

Die Nachbarn kommen regelmäßig an Gomas kleinem Haus in der Nähe des Waldes vorbei, um mit ihr zu sprechen oder sie um Rat zu fragen. „Ich bin keine gewählte Vertreterin mehr, aber immer für die Menschen da. Ich habe das Glück, von meinem Mann und meinen Kindern unterstützt zu werden, die mich nicht mehr in Frage stellen; ich gehe zur Arbeit, wann ich will und wo ich will. Manche Männer stellen ihre Frauen ständig in Frage: Wohin gehst du, was hast du davon, ist es besser, zu Hause zu bleiben? In diesen Zeiten sollten Frauen nicht auf ihr Zuhause beschränkt sein.“   

Frauen stehen an einem Brunnen im Dorf in Nepal
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Einige Kilometer weiter leben Alita Tamang und ihre Nachbarn und Nachbarinnen ebenfalls in einem Dorf. Es ist sehr abgelegen, derzeit gibt es nur einen gemeinsamen Wasseranschluss. Das Team von Aktion gegen den Hunger ändert das gerade. 

Mehr Beschäftigungsmöglichkeiten stärken die Frauen auf dem Land  

Das kleine Dorf, in dem Alita Tamang lebt, liegt auf einer Höhe von 2000 Metern in der Provinz Rasuwa, nur wenige Kilometer von Tibet entfernt. Hier liegen die Dörfer in beträchtlicher Entfernung voneinander und werden überwiegend vom Volk der Tamang bewohnt, das der tibetischen Kultur und Sprache nahe steht. Im Jahr 2015 wurde die Provinz von einem schweren Erdbeben heimgesucht, das das Dorf verwüstete. „Als das Erdbeben kam, versteckten sich die Menschen im Wald. Im Haus nebenan kamen mehrere Menschen unter den Trümmern ums Leben", erinnert sich Alita. Aufgrund der schweren Schäden und des Wassers in den unterirdischen Hohlräumen wurde das Dorf zur roten Zone erklärt, so dass keine Häuser wieder aufgebaut werden konnten.

„Wir beschlossen, hier zu bleiben und alles mit unseren Mitteln wieder aufzubauen, denn wir brauchten Land für unsere Gemüsegärten. Ein Umzug in ein anderes Dorf würde bedeuten, dass wir unser Land, die wichtigste Lebensgrundlage unserer Gemeinschaft, verlieren würden.“

Alita Tamang
Alita Tamang

Alita verbringt viele Stunden mit der Arbeit auf den Feldern. Ihr Dorf wird bald an das heimische Wassernetz angeschlossen, aber bis dahin benutzt sie einen kleinen Schlauch, um Wasser zu holen, eine wichtige Aufgabe, die ihr zusätzliche Anstrengungen abverlangt. Sie kümmert sich auch um den Haushalt und jongliert geschickt mit den vielfältigen Anforderungen ihres täglichen Lebens. Trotzdem findet sie die Energie, um aktiv am Leben ihres Dorfes teilzunehmen, und spielt eine wichtige Rolle als Mitglied der Wassernutzergemeinschaft. Dieses Projekt, das von Aktion gegen den Hunger und dem lokalen Verein Sahara unterstützt wird, zielt darauf ab, den Zugang zu Wasser in abgelegenen Dörfern zu verbessern und Arbeitsgruppen einzurichten, die die Infrastruktur in gutem Zustand erhalten. „Als Kinder sind wir damit aufgewachsen, Wasser aus diesem Fluss zu trinken. Seitdem sind viele Wasserprojekte gescheitert, aber die Situation hat sich gebessert und die Infrastruktur wurde endlich aufgebaut. Wir müssen die Dinge im Auge behalten, um sicherzustellen, dass alle Häuser richtig angeschlossen sind.“

Die junge Frau zieht sich in ihre kleine Werkstatt zurück. Dort scheint die Zeit wie im Flug zu vergehen, während sie sich in die Tätigkeit vertieft, die ihr so viel Spaß macht. Es ist ihr Zufluchtsort, an dem sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen kann und nach einem anstrengenden Tag einen wohlverdienten Moment der Ruhe findet. Ihr Traum ist es, traditionelle Kleidungsstücke zu weben und davon leben zu können: „Die Menschen, die im Dorf bleiben, haben keine besonderen Fähigkeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Frauen arbeiten auf den Feldern, aber was wir wirklich brauchen, sind verschiedene Arten von Schulungen, um ein zusätzliches Einkommen zu erzielen. In dieser Region tragen die Mitglieder*innen der Tamang-Gemeinschaft eine bestimmte Art von Mütze. Die Ausbildung kann das Stricken von Mützen und anderen Arten von Stoffen beinhalten. Ich möchte mich ganz dem Stricken und dem Verkauf meiner Kleidung widmen.  

Alita Tamang bei ihrer Leidenschaft, dem Weben von Stoffen.
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Alita verbringt jede freie Minute damit, ihrer Leidenschaft, dem Weben und Nähen, nachzugehen. Ihr Traum ist es, irgendwann ein Geschäft mit traditioneller Kleidung zu eröffnen. 

Die Geschichten von Goma und Alita veranschaulichen den täglichen Kampf der nepalesischen Frauen um Emanzipation. Trotz aller Hindernisse setzen sie sich mutig durch, trotzen Zweifeln, mangelnden Ressourcen und manchmal sogar fehlender Bildung. Ihre Entschlossenheit, sich neu zu erfinden und zu erheben, inspiriert nicht nur ihre eigene Generation. Indem sie ihre Kinder, Mädchen und Jungen, über die Bedeutung der Gleichstellung der Geschlechter und die entscheidende Rolle der Frauen in der Gesellschaft aufklären, ebnen Goma, Alita und andere Frauen wie sie den Weg für eine gerechtere, aufgeklärtere Zukunft in Nepal und darüber hinaus.  

Ich möchte Menschen wie Goma und Alita unterstützen!
22. MÄRZ 2024
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