Was ist so falsch an Werbung für Muttermilchersatz?
Die weltweit größten Hersteller von Muttermilchersatz betreiben aggressives Marketing für ihre Produkte – und bringen damit Kinderleben in Ländern des globalen Südens in Gefahr. Denn Teile ihrer Werbeaktivitäten verstoßen gegen den Internationalen Kodex der Weltgesundheitsorganisation WHO. Dieser besagt unter anderem: „keine Werbeaktivitäten in der Öffentlichkeit“, „keine Geschenke an Mütter oder Gesundheitspersonal“ und „keine kostenlosen Proben“. Aggressives Marketing suggeriert den Müttern, dass Muttermilchersatz besser sei als zu stillen.
Was genau ist der Kodex?
Der Kodex existiert schon seit fast 40 Jahren. Er soll verhindern, dass Unternehmen einseitig den Nutzen von Muttermilchersatz propagieren. Der Kodex ist nicht verpflichtend. Dennoch haben ihn und die ergänzenden Resolutionen 135 Länder ganz oder in Teilen angenommen. Dort, wo Staaten entsprechende Gesetze erlassen haben, halten sich die Unternehmen eher an den Kodex.
Schreibt Aktion gegen den Hunger Frauen vor, wie sie ihre Kinder ernähren sollen?
Jede Frau muss das Recht haben zu entscheiden, ob und wie lange sie ihr Kind stillen möchte. Unser Bericht beschreibt lediglich, wie die aggressive Vermarktung von Muttermilchersatz jedes Jahr die Entscheidung von Millionen von Eltern beeinflusst und er liefert dafür eindeutige Beweise. Aggressives Marketing führt dazu, dass Mütter ohne unabhängige und unvoreingenommene Informationen das Stillen grundlos einschränken oder ganz aufgeben.
Sollten am besten alle Frauen stillen?
Es gibt viele Gründe, warum Muttermilchersatzprodukte ihre Berechtigung haben – sei es aus medizinischer Sicht, sei es, weil Frauen schnell in den Beruf zurückkehren wollen oder müssen. Uns geht es vielmehr darum, Stillbarrieren abzubauen. Vielen Müttern sind die positiven Effekte des Stillens nicht bekannt, weil ihnen diese Informationen vorenthalten werden.
Was ist mit Frauen, die sich gegen das Stillen entscheiden?
Wir sagen den Frauen nicht, was sie tun sollen. Untersuchungen zeigen allerdings, dass Babys, die nicht gestillt werden, ein höheres Risiko haben, an Krankheiten wie Lungenentzündung und Durchfall zu sterben. Dies betrifft insbesondere Länder des globalen Südens. Dort, wo Frauen keinen Zugang zu sauberem Wasser haben, steigt das Risiko, dass Kinder an Durchfallerkrankungen sterben, wenn die Milchersatzprodukte mit verunreinigtem Wasser angerührt werden.
Nehmen die Hersteller von Muttermilchersatz Kindertode in Kauf?
Muttermilch bietet alle Nährstoffe und Antikörper, die ein Baby benötigt. Würden Säuglinge hauptsächlich gestillt, wären mehr als 800.000 Todesfälle bei Kleinkindern in Entwicklungs- und Schwellenländern vermeidbar. Dies entspricht fast jedem siebten Todesfall bei Kindern unter fünf Jahren weltweit. Babys, die nicht gestillt werden, sterben neunmal häufiger an einer Lungenentzündung. Wenn Eltern dazu gebracht werden, ihre Kinder mit einem Muttermilchersatz zu ernähren, dann bedeutet dies, dass die Kinder nicht von den gesundheitsfördernden und manchmal auch lebensrettenden Vorteilen der Muttermilch profitieren können.
Warum interessiert sich Aktion gegen den Hunger für diese Problematik?
Obwohl das Problem ein globales ist, gibt es Belege dafür, dass Entwicklungsländer in besonderem Maße betroffen sind. Bei begrenztem Zugang zu sauberem Wasser, fehlenden sanitären Einrichtungen und hohen Fallzahlen von akuten Atemwegsinfektionen, Durchfall und Masern können die Folgen einer Umstellung auf Säuglingsnahrung eine Frage von Leben und Tod bedeuten. Aktion gegen den Hunger setzt sich dafür ein, die Ernährungssituation in den Ländern des globalen Südens zu verbessern. Dies bedeutet auch, Ursachen für ernährungsbedingte Todesfälle abzustellen.