
USAID: Einstellung der Hilfsgelder gefährdet das Leben tausender Kinder in Afghanistan
Die massiven Kürzungen der US-Auslandshilfe haben gravierende Auswirkungen auf die humanitäre Arbeit von Aktion gegen den Hunger in Afghanistan: Rund 9.500 Kinder unter fünf Jahren sowie schwangere und stillende Frauen können bei schwerer akuter Mangelernährung mit Komplikationen nicht mehr medizinisch versorgt werden. Ohne Behandlung drohen diesen Kindern Entwicklungsstörungen oder im schlimmsten Fall der Tod.
In Afghanistan betreibt Aktion gegen den Hunger in den Krankenhäusern von Kabul und Badakshan ernährungsmedizinische Abteilungen, um Kinder mit schwerer akuter Mangelernährung und medizinischen Komplikationen zu behandeln. Seit Anfang März wurden aufgrund der Finanzierungssituation in den USA keine neuen Kinder mehr in diesen beiden Zentren aufgenommen.
„Auch in der Provinz Helmand ist die Not groß. Viele Menschen kommen zu uns und bitten um Hilfe, darunter viele Frauen, Menschen mit Behinderung und Kinder ohne Bezugspersonen. Ein Mann berichtete, dass er seit drei Tagen nichts zu essen hatte. In der Provinz Ghor fanden die Teams der Organisation, die den Bedarf an sauberem Trinkwasser ermittelten, Gruppen von Kindern unter 13 Jahren vor, die 22 Kilometer auf Eseln zurücklegten, um Wasser zu holen”, erzählt Cobi Rietveld, Landesdirektorin von Aktion gegen den Hunger in Afghanistan.
Ein Projekt, das 29.400 von Ernährungsunsicherheit betroffene Menschen mit Bargeld unterstützen sollte, um den harten Winter zu überstehen, musste aufgrund fehlender Finanzierung eingestellt werden. Auch ein Projekt, das die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung für 21.100 Menschen verbessern sollte, kann nicht durchgeführt werden.
Auswirkungen auf lebensrettende Maßnahmen in vier Provinzen
Im Jahr 2024 stellte die US-Regierung 43 % der humanitären Mittel der internationalen Gemeinschaft für Afghanistan bereit. Sie sollte auch 30 % des Budgets von Aktion gegen den Hunger für das Land für 2025 abdecken. Mit den von den USA finanzierten Projekten sollten Gemeinden in den Provinzen Badakhshan, Kabul, Helmand und Ghor in folgenden Bereichen unterstützt werden:
- Ernährung: 6.162 Menschen sollten Ernährungshilfe erhalten, einschließlich der Behandlung schwerer akuter Mangelernährung und der Aufklärung über die Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern. Ohne diese Maßnahmen werden Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht mit dem Nötigsten versorgt werden können.
- Ernährungssicherheit: 82.950 Menschen sollten Hilfe erhalten, darunter Nahrungsmittelhilfe für 29.400 Menschen. Ohne diese Unterstützung könnten die Mangelernährungsraten steigen.
- Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH): 21.000 Menschen erhalten keine WASH-Kits, keine Hygieneaufklärung und keine geplanten Latrinen und Wasserstellen in Gesundheitseinrichtungen. Der Mangel an sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen erhöht das Risiko von durch Wasser übertragenen Krankheiten, die zu Mangelernährung führen können.
- Gesundheit: 9.243 Menschen in schwer zugänglichen Gebieten erhalten keine medizinische Grundversorgung mehr durch unsere mobilen Gesundheits- und Ernährungsteams. Frauen und Kinder sind hiervon am stärksten betroffen.
- Psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung: 1.500 Menschen, zumeist Frauen, werden keine Einzel- oder Gruppenberatung mehr erhalten, die ihnen hilft, mit den emotionalen und psychischen Auswirkungen der Mangelernährung und den damit verbundenen Stressfaktoren umzugehen.
Fast die Hälfte der Menschen in Afghanistan auf humanitäre Hilfe angewiesen
Mangelernährung ist nach wie vor ein drängendes Problem in Afghanistan: Prognosen zufolge werden im Jahr 2025 mehr als 3,5 Millionen Kinder an akuter Mangelernährung leiden – ein Anstieg von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Kinder mit schwerer akuter Mangelernährung haben ein zwölfmal höheres Sterberisiko als gesunde Kinder. Insgesamt sind in Afghanistan 22,9 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, das sind 49 Prozent der Bevölkerung.
Aktion gegen den Hunger hat kürzlich die Information erhalten, dass die Kündigung des Projektvertrags offenbar zurückgenommen werden soll. Welche konkreten Auswirkungen dies auf die Hilfsprojekte vor Ort hat, ist derzeit jedoch noch ungewiss. Auch wenn diese Entwicklung grundsätzlich als positiv zu bewerten ist, bleiben viele Fragen offen. Derzeit wird intensiv daran gearbeitet, zeitnah Klarheit darüber zu gewinnen, wie sich diese Änderung auf den Programmablauf, die Finanzierungsmöglichkeiten sowie den Zeitplan für eine mögliche Wiederaufnahme der Aktivitäten auswirkt. Bis dahin müssen alle Aktivitäten und Kosten im Rahmen der US-Finanzierung ausgesetzt bleiben.
Über Aktion gegen den Hunger
Aktion gegen den Hunger ist seit ihrer Gründung 1979 in Afghanistan aktiv - seit 1995 mit einem eigenen Büro vor Ort. Im Jahr 2023 haben wir mit unseren Programmen 445.530 Menschen in Afghanistan geholfen.
Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 56 Ländern und Regionen aktiv ist und über 21 Millionen Menschen unterstützt. Seit mehr als 45 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.987 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen.
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