Zwei Jugendliche laufen an einer zerstörten Zeltstadt in Gaza vorbei.

Gaza: Gemeinsames Statement zur humanitären Krise in Rafah

Wir, die unterzeichnenden Organisationen, bringen mit gemeinsamer Stimme unsere tiefe Besorgnis über die kritische Situation in Rafah-Stadt im Gazastreifen zum Ausdruck. Seit Wochen warnen wir vor den verheerenden Folgen einer militärischen Bodenoffensive in diesem dicht besiedelten Gebiet. Es fehlt sowohl ein tragfähiger Evakuierungsplan zum Schutz der Zivilbevölkerung als auch der garantierte Zugang zu überlebenswichtigen Dienstleistungen und Gütern. In Gaza gibt es keinen sicheren Ort, an den Menschen sich zurückziehen können. Es ist erschütternd, dass es der internationalen Gemeinschaft nicht gelingt, diese sich immer weiter entfaltende Tragödie aufzuhalten.

Über 1 Million Menschen sitzen fest

Die jüngste Offensive der israelischen Streitkräfte in Rafah und die Schließung des wichtigsten Grenzübergangs für humanitäre Hilfe im Süden des Landes hat dazu geführt, dass mehr als eine Million Zivilist*innen, darunter auch Kinder, in einer verzweifelten Situation festsitzen. Mehr als 2.000 Lastwagen warten auf der ägyptischen Seite, weil sie nicht über die Grenze fahren können.

Die Schließung des Grenzübergangs Rafah hat die ohnehin schon extrem eingeschränkte humanitäre Hilfe weiter beeinträchtigt. Der Grenzübergang Kerem Salom ist aufgrund der Sicherheitslage weiterhin extrem schlecht erreichbar, ferner ist es quasi unmöglich, Hilfsgüter vom Grenzübergang Erez im Norden in den zentralen und südlichen Gazastreifen zu transportieren. Die prekäre Lage der Zivilbevölkerung, die seit Monaten mit Nahrungsmittel- und Wasserknappheit, notdürftigen Unterkünften und einer extrem limitierten medizinischen Versorgung zu kämpfen hat, wird sich weiter verschlimmern.

Humanitäre Hilfe extrem beeinträchtigt

Wegen der Militäroperationen können die humanitären Teams sich weniger flexibel bewegen und personell aufstellen. Das beeinträchtig die Sicherheit und Effizienz ihrer Arbeit. Nach Angaben der UNO fordern die Folgen des Hungers bereits jetzt Menschenleben. Die Verweigerung des Zugangs für humanitäre Hilfsorganisationen stellt einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht dar. Hunger darf niemals als Kriegswaffe eingesetzt werden.

Der von den israelischen Behörden am 6. Mai erlassene Evakuierungsbefehl hat nach UN-Angaben mehr als 900.000 Menschen zur Flucht veranlasst. Viele andere sind verletzt oder einfach zu alt, krank oder schwach, um noch einmal zu fliehen. Die starke Konzentration der humanitären Hilfe in Rafah war entscheidend dafür, dass Zehntausende von Menschen in den südlichen und zentralen Gebieten des Gazastreifens Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, Lebensmitteln und Wasser hatten – trotz der anhaltenden Blockade. Für die betroffenen Menschen stellt die mehrmalige Umsiedlung inmitten eines andauernden Konflikts – ohne zu wissen, ob sie an ihrem neuen Bestimmungsort überleben können – eine enorme psychologische und emotionale Belastung dar. Wenn die humanitäre Hilfe noch stärker blockiert wird, ist das Überleben der gesamten Bevölkerung noch gefährdeter als ohnehin schon.

Kerem Shalom und Rafah müssen geöffnet werden

Ein Großteil der Berichtterstattung über humanitäre Hilfe dreht sich um die Anzahl der Lastwagen, die eine Grenze überqueren, um Luftbrücken oder den Zugang über den Seeweg. Diese sind nichts weiter als Ablenkungen, um den Anschein aufrechtzuerhalten, es werde jegliche mögliche Hilfe geleistet. Dabei gibt es effizientere und schnellere Lösungen: die Öffnung der Grenzübergänge Kerem Shalom und Rafah. Die neuen Hilfsrouten per Flugzeug und Schiff sollten die Verteilung der Hilfsgüter auf dem Landweg ergänzen – und nicht ersetzen.

Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand

Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, unverzüglich Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung in Rafah und im übrigen Gazastreifen zu ergreifen. Wir erinnern die Parteien an ihre Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht, das Verbot der Zwangsumsiedlung der Zivilbevölkerung zu respektieren und den Zugang der Bevölkerung zu essentiellen Gütern für ihr Überleben zu garantieren. Ein sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand, der von allen Konfliktparteien umgesetzt wird, ist von entscheidender Bedeutung, um weiteres Leid und den Verlust von Menschenleben zu verhindern und einen sicheren und ungehinderten humanitären Zugang zum gesamten Gazastreifen zu ermöglichen.

 

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Wir bleiben vor Ort

Als Organisationen, die sich der humanitären Hilfe im Gazastreifen verschrieben haben, bekräftigen wir unsere Entschlossenheit, den Betroffenen trotz der Herausforderungen und Risiken, mit denen wir konfrontiert sind, weiterhin lebenswichtige Unterstützung zukommen zu lassen. Unsere Mitarbeitenden arbeiten weiterhin unermüdlich daran, denjenigen humanitäre Unterstützung zu gewähren, die sie am dringendsten benötigen. Wir sind bereit, unsere Strategie jederzeit anzupassen und auf die sich ändernden Bedürfnisse inmitten dieser noch nie dagewesenen Krise zu reagieren.
Wir rufen zur internationalen Solidarität und zu dringenden Maßnahmen auf, um die Krise in Rafah und im gesamten Gazastreifen zu beenden. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich die humanitäre Lage weiter verschlechtert. Jetzt ist es an der Zeit zu handeln.

24. MAI 2024
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