Libanon: Ein Jahr nach der Explosion in Beirut
50 Prozent der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze
Ein Jahr nach der verheerenden Explosion am Hafen von Beirut verschärft sich die wirtschaftliche und soziale Krise im Libanon. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Der Bedarf an humanitärer Hilfe hat sich dramatisch erhöht. Die Menschen benötigen dringend Nahrungsmittel und medizinische Versorgung, warnt die humanitäre und entwicklungspolitische Organisation Aktion gegen den Hunger.
„Die Situation für die Menschen ist katastrophal. Die Armut nimmt zu und setzt die durch die Explosion traumatisierten Familien zusätzlich unter Druck. Der mangelnde Zugang zu Wasser, sanitären Einrichtungen und zu Nahrungsmitteln ist ein ernstes Problem für die Bevölkerung. Wir müssen dringend dafür sorgen, dass der Zugang zu den Grundbedürfnissen gewährleistet ist und gleichzeitig strukturelle Unterstützung in Beirut und im ganzen Land leisten“, so Suzanne Takkenberg, Landesdirektorin von Aktion gegen den Hunger im Libanon.
Die Wirtschaft des Landes liegt Boden: Eine Regierungskrise, die Schließung von Handelswegen, die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und die Folgen des Syrienkrieges haben den Libanon in eine der schwersten Krise seiner Geschichte gestürzt. Das Banken- und Finanzsystem steht kurz vor dem Zusammenbruch. Arbeitslosigkeit und extreme Armut nehmen zu, sodass es für Libanesinnen und Libanesen, Migrierende und für die mehr als eine Million Geflüchteten, die der Libanon beherbergt, immer schwieriger wird, ihre Grundbedürfnisse zu decken. Die notwendigen Einschränkungen im Zuge der Pandemie haben dazu geführt, dass viele Menschen nicht arbeiten konnte, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das Gesundheitssystem und die öffentliche Infrastruktur sind schwer angeschlagen.
Angesichts der prekären Situation müssen sich viele Familien massiv einschränken. Sie reduzieren beispielsweise die täglichen Mahlzeiten oder verzichten auf bestimmte Lebensmittel. Das hat zu einer zunehmenden Ernährungsunsicherheit und zu Unterernährung geführt. Nach Angaben des Welternährungsprogramms sind 22 Prozent der Libanesinnen und Libanesen, 50 Prozent der syrischen Geflüchteten und 33 Prozent der Geflüchteten anderer Nationalitäten von Ernährungsunsicherheit betroffen.
Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen machen mehr als 97 Prozent aller privaten Unternehmen im Libanon aus und beschäftigen mehr als 50 Prozent der Arbeitskräfte des Landes. Aufgrund der Einschränkungen in Zuge von COVID-19 und der sich verschärfenden sozioökonomischen Krise mussten viele Geschäfte und Unternehmen schließen. Aktion gegen den Hunger hat sich daher auf die Unterstützung dieser Unternehmen durch Bargeldhilfen und professionelle Beratung konzentriert, um die Wirtschaft und den lokalen Handel wiederzubeleben.
Hinweis an die Redaktionen: Suzanne Takkenberg, Landesdirektorin von Aktion gegen den Hunger im Libanon, steht für Interviews zur Verfügung. Videointerviews haben wir hier zusammengestellt.