Welternährungstag: Verlieren wir den Kampf gegen den Hunger?
Ein aktueller Bericht von Aktion gegen den Hunger zeigt einen fatalen Trend: Während der Bedarf an humanitärer Hilfe in den letzten 10 Jahren um 500 Prozent gestiegen ist, werden mehr als die Hälfte aller Hilfsfonds der Vereinten Nationen nicht voll finanziert. Ein Fallbeispiel in 13 besonders betroffenen Ländern zeigt, dass die Hungerbekämpfung zu schockierenden 93 Prozent unterfinanziert bleibt.
Obwohl die Anzahl der hungernden Menschen auf der Welt seit 2014 alarmierend ansteigt, nimmt die Entschlossenheit der internationalen Gebergemeinschaft zur Bekämpfung humanitärer Katastrophen ab. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Bericht „The Hunger Funding Gap: How The World Is Failing to Stop the Crisis" von der humanitären und entwicklungspolitischen Organisation Aktion gegen den Hunger.
Der Bericht stellt fest, dass in den letzten zehn Jahren die weltweiten Finanzmittel für humanitäre Hilfspläne der Vereinten Nationen zwar um 233 Prozent gestiegen sind, der Gesamtbedarf an humanitärer Hilfe jedoch um dramatische 500 Prozent gestiegen ist: 828 Millionen Menschen weltweit haben aktuell zu wenig zu essen, über 300 Millionen Menschen benötigten 2021 humanitäre Hilfe und Schutz. Die Anzahl nicht voll finanzierter UN-Hilfspläne stieg in dem Zeitraum damit um 42 Prozent.
Hungerhilfe: Eine Finanzierungslücke von über 90 Prozent
Die Analyse von Aktion gegen den Hunger untersuchte den Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Ernährungssituation in Krisenregionen weltweit und der Geberbereitschaft durch die internationale Gemeinschaft. Untersucht wurden die im Jahr 2021 durch die Weltgemeinschaft bereitgestellten Finanzmittel für 13 Länder, in denen im Jahr 2020 eine Hungerkrise oder eine schlimmere Situation herrschte.
Das Ergebnis: Nur 7,6 Prozent der Appelle zur Ernährungssicherheit der Vereinten Nationen wurden vollständig finanziert; die Mehrheit (61 Prozent) nicht einmal zur Hälfte. Appelle zur Unterstützung von Wasser-, Sanitär-und Hygieneprogrammen (WASH), die in engem Zusammenhang mit der Verbesserung der Ernährungssituation einer Region stehen, wurden gänzlich unvollständig finanziert. Besonders dramatisch: Der Bericht zeigt zudem, dass die Finanzierung für die Ernährungssicherung nicht im Einklang mit dem Ausmaß der Not innerhalb einzelner Krisenregionen ist. Länder mit den größten Hungerkrisen erhielten gemessen am Bedarf weniger Gelder als Länder mit einem kleineren Bedarf.
Hungerbekämpfung: Eine Frage des politischen Willens
„Wir beobachten eine Verschiebung der Prioritäten bei den Gebern im Globalen Norden” sagt Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer von Aktion gegen den Hunger. „Geld ist natürlich nicht die einzige Waffe im Kampf gegen den Hunger, aber ohne eine langfristige, planvolle und sinnvolle Finanzierung von Ernährungsprogrammen in Krisengebieten haben wir keine Chance, den weltweiten Hunger zu beenden“, so Friedrich-Rust.
„Ich möchte alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen daran erinnern, dass sie im Jahr 2015 mit großem Applaus die Ziele für nachhaltige Entwicklung beschlossen haben – an zweiter Stelle steht das Ziel Zero Hunger. Sie müssen jetzt den Kurs korrigieren, damit wir dieses Ziel nicht verfehlen. In einer Welt, in der mehr als genug Nahrungsmittel produziert werden, um alle Menschen zu ernähren, dürfen wir es nicht zulassen, dass Millionen Menschen an Hunger sterben”, appelliert Friedrich-Rust.
Konferenz: Wege aus der Krise im Blickfeld
Eine Vielzahl an globalen Herausforderungen – insbesondere die Auswirkungen von Corona, dem Ukrainekrieg und des Klimawandels – erfordern neue Herangehensweisen im Kampf gegen den Hunger. Mit der Konferenz „Don’t Starve Our Future“, die im Rahmen des Human Rights Film Festivals Berlin am 17. Oktober stattfindet, widmet sich genau diesem Thema. In Workshops, Pitches und Paneldiskussionen erörtern hochkarätige Expert*innen, wie der UN-Sonderberichterstatter für Recht auf Nahrung Michael Fakhri, der Direktor des World Food Programs in Deutschland Martin Frick und Mitzi Jonelle Tan von Fridays for Future Philippines, die Zusammenhänge von Klimakrise, Konflikten und dem Aufbau unserer globalen Ernährungssysteme mit der aktuellen Hungerkrise und diskutieren mögliche Auswege aus dieser Krise.
Hinweis an die Redaktionen
Der Bericht „The Hunger Funding Gap: How The World Is Failing to Stop the Crisis“ kann hier heruntergeladen werden.
Der Konferenztag „Don’t Starve Our Future“ findet am 17. Oktober 2022 von 11 bis 17:30 Uhr im Rahmen des Human Rights Film Festival Berlin in Berlin und online statt. Mehr Infos: www.humanrightsfilmfestivalberlin.de/de/17-okt-dont-starve-our-future
Akkreditierungen sind über presse@aktiongegendenhunger.de möglich.
Über Aktion gegen den Hunger
Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in rund 50 Ländern und Regionen aktiv ist und über 26 Millionen Menschen unterstützt. Seit über 40 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. Unsere über 8.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen.
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