
Die diesjährige Nutrition for Growth (N4G)-Konferenz war ein zentraler Moment im globalen Kampf gegen Mangelernährung. Regierungen, internationale Organisationen und zivilgesellschaftliche Akteure kamen zusammen, um neue Finanzierungszusagen und strategische Maßnahmen zu verabschieden. Doch während einige Fortschritte erzielt wurden, bleibt die Frage, ob die beschlossenen Maßnahmen ausreichen, um die wachsende Ernährungskrise zu bewältigen.
Ernährung ist ein Menschenrecht
Das Recht auf Nahrung gehört zu den grundlegendsten Menschenrechten. Dennoch sind weltweit etwa 733 Millionen Menschen von Hunger betroffen – nicht zuletzt, weil weltweit zu wenig in die Bekämpfung von Hunger und Mangelernährung investiert wird. Dabei sind Investitionen in Ernährung besonders wirkungsvoll: Sie fördern nicht nur die Ziele der Agenda 2030, sondern sichern auch die langfristige Gesundheit und Entwicklung der Gesellschaft. Zudem stärken sie die Wirtschaft, indem sie hohe Krankheitskosten reduzieren und langfristige Stabilität gewährleisten. Langfristig gerechnet zahlt sich jeder investierte Euro 23-fach aus!
Finanzielle Zusagen, aber reichen sie aus?
Insgesamt wurden auf dem Gipfel Zusagen in Höhe von 27,55 Milliarden US-Dollar von Ländern und privaten Gebern gemacht – ein deutliches Bekenntnis zur weltweiten Bekämpfung von Mangelernährung. Nun kommt es darauf an, dass diese Zusagen in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden und langfristig Wirkung entfalten. Auch die Europäische Union will mit einer Zusage von 3,4 Milliarden Euro insbesondere die Ernährungssicherheit in vulnerablen Regionen verbessern. Auch Deutschland hat sich mit 870 Millionen Euro für den Zeitraum von 2022 bis 2027 verpflichtet. Dies ist ein wichtiger Schritt – doch angesichts der aktuellen Krisen, von Klimawandel über Konflikte bis hin zu wirtschaftlichen Schocks, stellt sich die Frage: Ist das genug?
Besonders vor dem Hintergrund abnehmender internationaler Solidarität und einem dramatischen weltweiten Rückgang der Finanzierung für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit ist zu befürchten, dass die Mittel hinter dem tatsächlichen Bedarf zurückbleiben und langfristige, strukturelle Lösungen für Ernährungsunsicherheiten weiterhin fehlt. Zudem hatte die Europäische Union angekündigt, ihren dieses Jahr auslaufenden Action Plan on Nutrition (ein Strategiepapier zur Bekämpfung von Mangelernährung und Förderung gesunder Ernährung weltweit) zu überarbeiten. Dieser Ankündigung sind leider keine Taten gefolgt.
Deutschland tritt dem Global Compact bei
Ein positives Signal auf dem Gipfel war jedoch der Beitritt Deutschlands zum Global Compact on Nutrition Integration. Dies zeigt die Bereitschaft der Bundesrepublik, eine aktivere Rolle in der internationalen Ernährungspolitik einzunehmen. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich dieser Beitritt in konkreten politischen Maßnahmen niederschlagen wird. Die Herausforderung besteht darin, ambitionierte Verpflichtungen auch in nationale und internationale Programme umzusetzen und sicherzustellen, dass das Ziel Ernährungssicherung kohärent und multisektoral in der deutschen Außenpolitik verfolgt wird.
Die Rolle der Zivilgesellschaft: Ein entscheidender Faktor
Aktion gegen den Hunger hat über seine französische Sektion aktiv zur Gestaltung des Gipfels beigetragen, um sicherzustellen, dass die Rolle der Zivilgesellschaft im Kampf gegen Mangelernährung anerkannt und unterstützt wird. Zwei Tage vor dem Gipfel haben wir einen Civil Society Pavilion organisiert, bei dem zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Arbeit präsentieren und zentrale Ernährungsthemen diskutieren konnten. Besonders im Fokus stand dabei die Bedeutung partizipativer Ansätze und der direkte Dialog mit Entscheidungsträger*innen.
Zusätzlich haben wir einen runden Tisch zur Ernährungssicherung in der Klimakrise organisiert, an dem unter anderem Bärbel Kofler, Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, teilgenommen hat. Gerade angesichts der zunehmenden klimabedingten Herausforderungen ist es essenziell, Ernährungspolitik als integralen Bestandteil der Klimapolitik zu begreifen. Die Diskussion verdeutlichte die Dringlichkeit koordinierter Maßnahmen und die Notwendigkeit, nachhaltige Lösungen für betroffene Gemeinschaften zu entwickeln.
Ein Wendepunkt im Kampf gegen Mangelernährung?
Die Nutrition for Growth 2025-Konferenz hat wichtige Impulse gesetzt, doch bleibt die internationale Gemeinschaft in der Pflicht, diese Zusagen in greifbare Maßnahmen umzuwandeln. Die anhaltenden Krisen erfordern nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch strukturelle Veränderungen in den globalen Ernährungssystemen.
Der Gipfel hat gezeigt: Fortschritt ist möglich, aber nur, wenn politische Entscheidungsträger*innen, Zivilgesellschaft und internationale Organisationen konsequent zusammenarbeiten. Aktion gegen den Hunger wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass Ernährungssicherheit nicht nur ein Versprechen bleibt, sondern eine Realität wird – für alle Menschen weltweit.